Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang des Kostenersatzes des Erben eines Sozialhilfeberechtigten gegenüber dem Sozialhilfeträger

 

Orientierungssatz

1. Nach § 102 Abs. 1 S. 1 SGB 12 ist der Erbe der leistungsberechtigten Person in dem in § 102 SGB 12 bestimmten Umfang zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet.

2. Der Wert des Nachlasses besteht in der Differenz zwischen dem in Geld zu veranschlagenden Aktivbestand und dem Passivbestand im Zeitpunkt des Erbfalls. Vom Wert des Nachlasses können dabei nicht solche Verbindlichkeiten in Abzug gebracht werden, die im sozialrechtlichen Leistungsverhältnis dadurch zustande kommen, dass der Leistungsberechtigte den im SGB 12 geregelten Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist.

3. Für die Annahme einer besonderen Härte i. S. von § 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB 12 muss ein besonderer Lebenssachverhalt vorliegen, welcher der von der dem § 102 SGB 12 zugrunde liegenden Typik ansonsten nicht abgebildet wird. Der Einkommenseinsatz gemäß § 92 a SGB 12 und der Kostenersatz gemäß § 102 SGB 12 bestehen unabhängig voneinander.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 31.01.2018; Aktenzeichen B 8 SO 79/17 B)

 

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 08.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2013 wird insoweit aufgehoben, als hierin ein Kostenersatz von mehr als 26.697,64 EUR festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte zu 1/5 und die Kläger zu 4/5.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren darum, ob die Kläger zum Kostenersatz gemäß § 102 SGB XII für die der Frau B S gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege verpflichtet sind.

Die am 00.00.1952 geborene Klägerin zu 1) ist die Tochter der am 00.00.1928 geborenen und am 26.02.2012 verstorbenen Frau B S. Der am 00.00.1926 geborene Kläger ist der Ehemann der Frau B S. Die Eheleute S waren jeweils zur Hälfte Eigentümer der von den Eheleuten bis zur stationären Unterbringung der Frau S im Haus am Park in S1-X am 21.06.2007 gemeinsam bewohnten Eigentumswohnung in der U-Straße 00 in S1-X; der Kläger zu 2) bewohnt die Wohnung weiterhin. Die Kläger zu 1) und 2) sind die Erben der Frau S.

Am 22.05.2007 beantragte die Frau B S die Gewährung von Leistungen zur Hilfe zur Pflege für ungedeckte Heimkosten. Der Beklagte gewährte der Klägerin in der Folgezeit ab dem 21.05.2007 bis zum 26.02.2012 Leistungen der Hilfe zur Pflege für die ungedeckten Heimkosten unter Berücksichtigung eines von den Eheleuten zu erbringenden Kostenbeitrages. Der Kostenbeitrag war Gegenstand des Klageverfahrens S 2 (6) SO 143/08 und wurde von den Eheleuten nicht gezahlt. Durch Urteil vom 26.10.2010 wurde die Klage abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig. Bezüglich der mangels Zahlung des Eigenbeitrages offenen Heimkosten wurde ein Klageverfahren vor dem Landgericht Bielefeld geführt. Durch Versäumnisurteil vom 03.02.2012 wurde die Frau S verurteilt, an die Evangelische Stiftung S1 als Trägerin des Pflegeheimes einen Betrag von 23.647,97 EUR zu zahlen.

Mit Bescheid vom 08.03.2013 forderte der Beklagte die Kläger zur Leistung eines Kostenersatzes für gewährte Sozialhilfe in Höhe von 33.697,64 EUR gemäß § 102 SGB XII auf. Die Frau S habe sich in der Zeit vom 21.06.2007 bis 26.02.2012 im Haus im Park in S1-X befunden. In diesem Zeitraum seien nicht durch Pflegekassenleistungen sowie den Eigenanteil aus dem Einkommen des Ehemannes zu deckende Heimpflegekosten in Höhe von 55.451,13 EUR aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen worden. Gemäß § 102 SGB XII seien die Erben zum Ersatz der Sozialhilfekosten verpflichtet, die innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet worden seien und den Betrag von 2.244 EUR überstiegen. Es könne daher ein Ersatzanspruch in Höhe von 53.207,13 EUR geltend gemacht werden. Die Ersatzpflicht der Erben gehöre zu den Nachlassverbindlichkeiten, sodass die Erben lediglich mit dem Wert des vorhandenen Nachlasses hafteten. Die verstorbene Frau S sei zur Hälfte Miteigentümerin der Eigentumswohnung im Erdgeschoss des Hauses U-Straße 00 gewesen mit einem Wert von 74.000 EUR, wovon 37.000 EUR auf die Frau S entfielen. Dieser Nachlass sei noch um die Bestattungskosten von 1.058,36 EUR zu bereinigen, sodass abzüglich des Freibetrages von 2.244 EUR ein Ersatzanspruch von 33.697,64 EUR verbleibe. Die Forderung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Bielefeld sei nicht von dem Nachlass in Abzug zu bringen, denn es handele sich hierbei um den Eigenanteil der Eheleute S, den diese aus dem eigenen Einkommen zu erbringen gehabt hätten. Die Erben hafteten für den Ersatzanspruch gemäß § 102 SGB XII als Gesamtschuldner. Hiergegen legten die Kläger am 09.04.2013 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2013 als unbegründet zurückwies.

Hiergegen haben die Kläger am 16.08.2013 Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus: Unzutreffend sei bereits, dass der Beklagte von einem Verkehrswert von 74.000 EUR ausgehe. Es seien umfassende Sanierungs...

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