Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwaltliches Vergütungsrecht: Bemessung der Geschäftsgebühr im sozialverwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren. Beurteilung des Maßes der Schwierigkeit einer Angelegenheit bei einem Widerspruch gegen eine Mahngebühr auf einen Rückforderungsbetrag

 

Orientierungssatz

Ein Widerspruch gegen die Festsetzung einer geringfügigen Mahngebühr (hier: 1,00 Euro) im Rahmen der Rückforderung von Sozialleistungen, der sich maßgeblich auf die aufschiebende Wirkung eines gegen den Rückforderungsbescheid erhobenen Widerspruch stützt, stellt für einen beauftragten Rechtsanwalt eine in jeder Hinsicht unterdurchschnittliche Angelegenheit dar, so dass der Ansatz einer Mittelgebühr zur Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit nicht in Betracht kommt. Angemessen ist allenfalls der Ansatz einer doppelten Mindestgebühr nach Betragsrahmen, mithin eine Geschäftsgebühr in Höhe von 80,00 Euro.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der Kostenerstattung für ein isoliertes Vorverfahren.

Der Kläger bezog vom Jobcenter Herford Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Im Hinblick auf einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06.03.2013 machte das Jobcenter Herford gegen den Kläger eine Erstattungsforderung von 147,24 EUR geltend.

Mit Schreiben vom 08.04.2013 mahnte die Beklagte schriftlich die Zahlung des Betrages an und setzte zugleich Mahngebühren in Höhe von 1,00 EUR fest. Gegen die Festsetzung der Mahngebühren legte der Kläger am 07.05.2013, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Widerspruch ein, den er damit begründete, dass gegen den Bescheid vom 06.03.2013 Widerspruch erhoben sei, der aufschiebende Wirkung entfalte.

Mit Bescheid vom 08.05.2013 half die Beklagte dem Widerspruch hinsichtlich der Festsetzung von Mahngebühren ab und hob den Bescheid vom 08.04.2013 auf. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten erkannte die Beklagte als notwendig an und erklärte sich zur Übernahme der notwendigen Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren bereit.

Am 17.05.2013 übersandte der Bevollmächtigte des Klägers eine Kostennote für das Widerspruchsverfahren über 195,16 EUR. In der Folgezeit machte die Firma Q S GmbH aus N den Anspruch auf Kostenerstattung von 195,16 EUR gegenüber der Beklagten geltend. Sie berief sich hierbei darauf, dass die Forderung mit Zustimmung des Klägers an sie abgetreten worden sei. Die Forderung setzte sich aus einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG von 144,00 EUR und der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG von 20,00 EUR zzgl. der Umsatzsteuer zusammen.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 28.06.2013 setzte die Beklagte die erstattungsfähigen Kosten auf 114,24 EUR fest. Sie begründete dies damit, dass Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit unterdurchschnittlich gewesen seien. Die rechtliche Problematik habe auf der Hand gelegen. Die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei allenfalls durchschnittlich. Hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Angelegenheit seien sie als unterdurchschnittlich anzusetzen. Ein Haftungsrisiko sei unbeachtlich. Entsprechend sei eine Geschäftsgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr von 80,00 EUR angemessen. Mit 16,00 EUR für die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und 18,24 EUR Umsatzsteuer ergeben sich 114,24 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2013 wies die Beklagte den hiergegen erhobenen Widerspruch als unbegründet zurück. Die Gebührenfestsetzung durch den Bevollmächtigten sei unbillig gewesen. Die Angelegenheit bezog sich nur auf die betragsmäßig geringe Mahngebühr. Die Bedeutung der Angelegenheit sei daher als unterdurchschnittlich zu bewerten. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit tendiere in Richtung der Mindestgebühr, da nur ein einziges kurzes Schreiben versandt worden sei, das in einer Anzahl identischer Fälle ebenso verwandt worden sei. Die doppelte Mindestgebühr von 80,00 EUR sei daher angemessen.

Hiergegen hat der Kläger am 08.08.2013 Klage erhoben.

Er ist der Ansicht, es bestünde ein Anspruch in Höhe von 195,16 EUR. Es seien insgesamt 5 Merkmale bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen. Die geringen wirtschaftlichen Verhältnisse und das geringe Haftungsrisiko würden von der hohen Wertigkeit der SGB II- Leistungen ausgeglichen. Bei der konkreten Bemessung sei von der Mittelgebühr auszugehen. Ausgehend von 280,00 EUR entfielen je 112,00 EUR auf den Umfang und die rechtliche Schwierigkeit und 56,00 EUR auf die Wichtigkeit. Die Wichtigkeit sei wegen der geringen Mahngebühr auf 11,20 EUR zu kürzen, da rechtswidrig die Zwangsvollstreckung angedroht wurde. Beim Umfang sei das Mandantengespräch, welches wegen der angedrohten Zwangsvollstreckung nicht leicht gewesen sei, zu berücksichtigen. Dies entspreche einem Umfang von 74,66 EUR. Bei der rechtlichen Schwierigkeit sei zu beachten, dass die Feststellun...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?