Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung der Entgeltpunkte für die nach dem FRG festgestellten Versicherungszeiten
Orientierungssatz
1. Bei den FRG-Berechtigten ist ein unmittelbarer Rückgriff auf die im Herkunftsland erzielten individuellen Arbeitsverdienste für die dort zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten nicht möglich. Nach dem sog. Eingliederungsprinzip sind die Versicherten rentenrechtlich so zu stellen, als ob sie im Inland beschäftigt gewesen wären.
2. Die Vorschrift des § 22 FRG regelt danach die Modalitäten, die es ermöglichen, für die gleichgestellten Beitragszeiten als versichert geltende Arbeitsverdienste zu bestimmen, die zum jeweiligen kalendertäglichen Durchschnittsentgelt im Bundesgebiet ins Verhältnis gesetzt werden können und so die kalenderjährlich addierte Summe der Entgeltpunkte ergeben. Diese werden mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt, d. h. um 40 % gekürzt.
3. Für Personen, die vor dem 1. 1. 1991 in die Bundesrepublik zugezogen sind, hat das BVerfG eine neue Übergangsregelung verlangt. Danach wird bei dem in der Übergangsregel des Art. 6 § 4 c Abs. 2 FANG genannten Personenkreis für deren Rente einmalig zum Rentenbeginn ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten ermittelt.
4. Die Begrenzung einer rückwirkenden Korrektur durch den Gesetzgeber auf noch nicht bestandskräftige Verfahren sowie durch die Stichtagsregelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Absenkung der Entgeltpunkte (EP) für die nach dem Fremdrentengesetz (FRG) festgestellten Zeiten auf 60 % (Faktor 0,6) im Rahmen eines Überprüfungsantrags.
Die am 00.00.1939 geborene Klägerin reiste am 20.06.1989 aus der ehemaligen Sowjetunion in die BRD ein und bezog seit dem 01.12.1999 Altersrente für Frauen. Im Bewilligungsbescheid vom 09.12.1999 war die Summe der nach dem FRG anzurechnenden Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 multipliziert worden.
Am 26.02.2007 beantragte die Klägerin im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 13.06.2006 die Überprüfung des Bescheides vom 09.12.1999 gem. § 44 SGB X (des 10. Buches Sozialgesetzbuch) und Neuberechnung ihrer Rente. Nachdem zunächst die vom Gesetzgeber zu schaffende Neuregelung der Übergangsregelung in Artikel 6 § 4 c Abs. 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) abgewartet worden war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.08.2007 die Rücknahme des Bescheides vom 09.12.1999 ab. Die Neuregelung begünstige Personen, die vor dem 01.01.1991 nach Deutschland gekommen seien und deren Rente nach dem 30.09.1996 begonnen habe. Weitere Voraussetzung sei aber, dass der Überprüfungsantrag bis zum 31.12.2004 gestellt worden sei. Ihr Überprüfungsantrag sei aber erst danach, am 26.02.2007, gestellt worden. Die Klägerin erhob Widerspruch mit der Begründung, Ihrer Meinung nach seien die Voraussetzungen der Übergangsregelung gegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die Neuregelung des Artikel 6 § 4 c Abs. 2 FANG durch das am 30.04.2007 verkündete "Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung" (RV-AltersgrenzenanpassungsG) zurück.
Hiergegen richtet sich die am 16.11.2007 erhobene Klage. Die Klägerin hält die Neuregelung erneut für verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht habe in der vorgenannten Entscheidung festgestellt, dass bereits bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte von der Entscheidung "für die Zeit vor Bekanntgabe unberührt" blieben. Damit gelte dies im Umkehrschluss nicht für die Zeit nach Bekanntgabe der Entscheidung.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2007 zu verurteilen, ihr Leistungen unter Abänderung des Bescheides vom 09.12.1999 und ggf. ergangener weiterer Bescheide höhere Rente ohne Kürzung der FRG Entgeltpunkte um den Faktor 0,6 und im Übrigen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht die Rücknahme des Bescheides vom 09.12.1999 gem. § 44 SGB X abgelehnt. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurück...