Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe: Leistung zur Teilhabe als Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. Gewährung eines persönlichen Budgets. Berücksichtigungsfähigkeit von zusätzlichen Mitteln für die Verwaltung des Budgets durch Dritte bei der Bemessung des Budgets
Orientierungssatz
Im Rahmen der Gewährung einer Eingliederungshilfe für einen Menschen mit Behinderung in Form eines persönlichen Budgets besteht kein Anspruch auf einen zusätzlichen Geldbetrag zur Finanzierung von Unterstützungsleistungen durch Dritte bei der Verwaltung dieses Budgets (hier: Budgetassistenz). Denn dem persönlichen Budget liegt die gesetzliche Annahme zugrunde, dass dieses vom Hilfebedürftigen selbst verwaltet wird. Soweit dies nicht möglich ist, ist die Hilfegewährung über Sachleistungen vorzunehmen.
Tenor
Der Bescheid vom 28.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2017 wird abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin im Zeitraum 01.11.2016 bis 31.10.2017 ein weiteres persönliches Budget i.H.v. 840,- EUR zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt ein höheres persönliches Budget im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB SGB XII).
Die im Jahre 1984 geborene Klägerin leidet an einer beinbetonten spastischen Tetraparese. Es besteht eine Geh- und Stehunfähigkeit und infolgedessen eine Rollstuhlpflicht. Sie lebt gemeinsam mit ihrer im Jahr 2005 geborenen Tochter in einer eigenen Wohnung und wird dort ambulant gepflegt und betreut. Der Beklagte trägt die Kosten für die individuelle Schwerstbehindertenbetreuung (ISB) im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens seit dem Jahr 2007.
Nach dem Gutachten des MDK vom 27.01.2016 liegen bei der Klägerin seit dem 01.10.2015 die Voraussetzungen der Pflegestufe II vor. Die Pflegekasse bewilligte ihr mit Bescheid vom 08.02.2016 ein Pfleggeld i.H.v. 458,00 EUR monatlich.
Mit Änderungsbescheid vom 11.04.2016 bewilligte der Beklagter Leistungen für die ambulante Betreuung im Arbeitgebermodell i.H.v. 1.480,03 EUR. Dabei ging er von einem Hilfebedarf einschließlich der Pflege von 5,5 Stunden pro Tag und einem Stundensatz von 8,00 EUR aus. Zusätzlich berücksichtigte er eine Aufwandpauschale von 80,00 EUR monatlich, das Pflegegeld rechnete er i.H.v. 305,33 EUR an (2/3 von 458,00 EUR). Die Bewilligung ist befristet bis zum 30.06.2016.
Am 18.05.2016 beantragte die Klägerin, vertreten durch die Firma Q, die Weiterbewilligung der Leistungen und die Umstellung auf ein persönliches Budget. Dem Antrag fügte sie eine Kostenkalkulation bei, die einen Hilfebedarf von 5,5 Stunden pro Tag und einen Stundensatz von 11,50 EUR enthält. Zusätzlich sind Kosten für eine Budgetbegleitung i.H.v. 3.600,00 EUR pro Jahr einkalkuliert.
Der Beklagte führte am 20.07.2016 u.a. durch einen ärztlichen Mitarbeiter einen Hausbesuch bei der Klägerin durch und stellte in diesem Rahmen fest, dass sich der Hilfebedarf der Klägerin aufgrund einer Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Situation erhöht habe. Im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung bestehe ein Hilfebedarf von 210 Minuten pro Tag, dazu kämen 30 Minuten für die Unterstützung bei der Betreuung der Tochter und 180 Minuten für die über die Pflege hinausgehenden Assistenzleistungen. Insgesamt liege somit ein Hilfebedarf von 7 Stunden pro Tag vor, der ggf. um die Zeiten für die Begleitung bei Freizeitaktivitäten am Wochenende zu erhöhen sei.
Die Klägerin unterzeichnete am 05.12.2016 unter Vorbehalt eine Zielvereinbarung mit dem Beklagten. Diese sieht einen Hilfebedarf von 7 Stunden pro Tag und einen Stundensatz von 10,00 EUR vor, abzüglich des anteiligen Pflegegeldes errechne sich daraus ein monatlicher Betrag von 2.557,82 EUR. Zusätzlich sei eine Aufwandsentschädigung für die Personalbewirtschaftung i.H.v. 80,00 EUR pro Monat zu gewähren. Auf der Grundlage dieser Zielvereinbarung bewilligte der Beklagter mit Bescheid vom 28.12.2016 einen monatlichen Betrag i.H.v. monatlich 2.637,82 EUR für den Zeitraum 01.11.2016 bis 31.10.2017.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid, vertreten durch die Firma Q, am 11.01.2017 Widerspruch ein. Dieser richtet sich zum einen dagegen, dass die Kosten für die Budgetassistenz nicht übernommen worden seien. Die Klägerin sei dringend auf eine Unterstützung angewiesen, um ihre Arbeitgeberpflichten zu erfüllen. Dies sei mit der Pauschale von 80,- EUR nicht zu gewährleisten. Zum anderen sei das Budget so bemessen, dass keine Schwankungsreserve entstehen könnte.
Die Klägerin unterschrieb am 01.02.2017 rückwirkend zum 01.10.2016 einen sog. "Klientenvertrag" mit der Firma Q. Diese verpflichtet sich, Beratung im Umgang mit dem persönlichen Budget zu gewähren und bei Bedarf Unterstützung zu leisten, z.B. durch Übernahme von Banküberweisungen, Antragstellungen, Begleitung bei Gutachten, Personalsuche, Begleitung der Vorstell...