Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Anrechnung der Umweltprämie als Einkommen bei der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Die Umweltprämie gemäß der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenwagen ist grundsätzlich Einkommen i. S. von § 11 SGB 2.
2. Sie stellt aber eine zweckbestimmte Einnahme i. S. von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB 2 dar. Unter die Regelung von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB 2 fallen solche Einnahmen, die einem anderen Zweck als Unterhalt oder Eingliederung dienen und deren Zweck im Fall der Anrechnung vereitelt würde. Nach der maßgebenden Richtlinie wird mit der Umweltprämie ein Beitrag zur Reduzierung der Schadstoffbelastung der Luft geleistet bei gleichzeitiger Stärkung der Nachfrage.
3. Im Fall der Anrechnung der Prämie als Einkommen bei der Berechnung der Leistungen des SGB 2 würde der von der Bundesregierung mit der Richtlinie verfolgte Zweck vereitelt.
4. Würde man die Umweltprämie nicht als anrechenfreie zweckbestimmte Einnahme ansehen, so würde die mit ihr verfolgte Zielrichtung verfehlt werden. Die Prämie ist ein Zuschuss zum Erwerb eines neuen Pkw. Für diesen Zweck gibt es im SGB 2 keine Entsprechung.
5. Nutzt der Empfänger im Übrigen die Umweltprämie zweckentsprechend zum Erwerb eines geförderten Neuwagens, so kommt es hierdurch nicht zu einer anderweitigen Bedarfsdeckung durch die Umweltprämie.
Tenor
Der Bescheid vom 09.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2009 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides betreffend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Monat Mai 2009 streitig.
Die 1949 geborene Klägerin stand jedenfalls seit Dezember 2007 im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II bei der Beklagten. Nachdem sie zunächst einer Tätigkeit als Honorarkraft für die B, H nachgegangen war, nahm die Klägerin ab 1. August 2008 eine auf ein Jahr befristete Tätigkeit bei der B, H als pädagogische Mitarbeiterin auf. Sie war zu diesem Zeitpunkt Eigentümerin eines PKW der Marke Ford Fiesta, Baujahr 1994. Über weitere Vermögenswerte verfügte die Klägerin nicht.
Mit Bescheid vom 12.11.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.12.2008 bis zum 31.05.2009. Der Bewilligungsbescheid enthielt den Zusatz, dass die Bewilligung für den vorgenannten Bewilligungszeitraum vorläufig erfolgt. Mit dem vorgenannten Bescheid bewilligte die Beklagte der Klägerin monatlich Leistungen von insgesamt 147,65 EURO Kosten der Unterkunft und Heizung. Unter dem 10.12.2008 erging seitens der Beklagten ein Änderungsbescheid mit dem für die Klägerin für die Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.05.2009 weiterhin 147,65 EURO monatlich als Leistungen nach dem SGB II für die Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen einer vorläufigen Bewilligung gewährt wurden. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 16.01.2009 änderte die Beklagte die vorläufige Bewilligung dahingehend ab, dass der Klägerin für den Monat Januar 2009 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 95,83 EURO Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt wurden. Für die Monate vom 01.02.2009 bis zum 31.05.2009 änderte die Beklagte die Bewilligung dahingehend ab, dass nun vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von jeweils 47,65 EURO Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt wurden. In dem vorgenannten Änderungsbescheid legte die Beklagte der Bedarfsberechnung für den Monat Mai 2009 folgende Werte zugrunde: Regelleistung 351,00 EURO zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung 376,65 EURO, Gesamtbedarf 727,65 EURO. Demgegenüber stellte die Beklagte ein zu erwartendes anrechenbares Einkommen von 680,00 EURO für den Monat Mai 2009. Dieses errechnete die Beklagte unter Zugrundelegung eines Nettoeinkommens von 950,00 EURO sowie eines Erwerbstätigen-Freibetrages von 270,00 EURO. Aus der Gegenüberstellung des Gesamtbedarfes und des anrechenbaren Einkommens errechnete die Beklagte die vorläufig bewilligte Leistungshöhe für den Monat Mai 2009 von 47,65 EURO.
In der Folgezeit ergingen weitere Änderungsbescheide am 10.02.2009, 09.03.2009 sowie 07.04.2009. Durch diese Änderungsbescheide änderte die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Monate Februar bis April 2009 ab. Eine Änderung der Bewilligung für den vorliegend streitbefangenen Monat Mai 2009 erfolgte hierdurch jedoch nicht.
Bereits im Februar 2009 hatte die Klägerin mit einem Autohaus einen Kaufvertrag über einen Neuwagen der Marke Peugeot 107 mit Erstzulassung Januar 2009 zu einem Kaufpreis von 10.900,00 EURO geschlossen. Neben dem Kaufvertrag hatte die Klägerin mit dem Autohaus eine Zusatzvereinbarung zur sog. Umweltprämie geschlossen. Hiernach vereinbarte die Klägerin mit dem Autohaus, dass einvernehmlich davon ausgegangen werde, dass die derzeit bekannten Voraussetzun...