Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Kindergeld auf Leistungen des SGB 2
Orientierungssatz
1. Bei der Entscheidung über die Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB 2 sind als Einkommen sämtliche Geldzahlungen sowie weitere Leistungen, die nicht Geldleistungen sind, aber einen Geldwert haben, zu berücksichtigen. Nicht als Einkommen i. S. von § 11 Abs. 1 SGB 2 anzusehen sind dagegen Einkünfte, die von vornherein mit einer Rückzahlungspflicht verbunden sind.
2. Hatte der Hilfebedürftige im maßgeblichen Zeitraum bereits keinen Anspruch mehr auf Kindergeld, so hat dies nach § 70 Abs. 2 EStG zur Folge, dass die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben ist.
3. Damit war das ausbezahlte Kindergeld bereits zum Zeitpunkt der Auszahlung belastet und stand dem Leistungsempfänger unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zur Deckung seines Lebensunterhalts zur Verfügung, mit der Folge, dass es auf Leistungen des SGB 2 nicht anrechenbar ist.
Tenor
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 06.06.2007 in der Fassung des Bescheides vom 14.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 sowie der Bescheide vom 13.02.2006, 20.07.2006, 16.08.2006 und 17.10.2006 verurteilt, dem Kläger für die Monate August, September und Oktober 2006 weitere Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II in Höhe von 124,00 EUR monatlich zu gewähren. Die Berufung wird nicht zugelassen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 31.10.2006 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beanspruchen kann.
Der am xx geborene Kläger steht seit dem 01.01.2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II. Für den Kläger wurde durch die Familienkasse Bielefeld Kindergeld gezahlt. Für den Zeitraum Juli 2005 bis Juli 2006 wurde das Kindergeld an den Vater des Klägers, Herrn Axx Axx gezahlt. Ab August bis Dezember 2006 wurde das Kindergeld direkt an den Kläger als Abzweigungsempfänger ausgezahlt.
Mit Bescheiden vom 18.08.2005 und 19.01.2006 gewährte die Beklagte dem Kläger sowie den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2005 bis 28.02.2006. Mit Bescheid vom 13.02.2006 bewilligte sie Leistungen für den Zeitraum vom 01.03.2006 bis 31.08.2006, mit Änderungsbescheid vom 20.07.2006 wurden höhere Leistungen für August 2006 bewilligt. Mit Bescheiden vom 16.08.2006 und 17.10.2006 wurden Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis 28.02.2007 bewilligt. Für den Zeitraum von September 2005 bis Oktober 2006 rechnete die Beklagte hierbei monatlich das für den Kläger von der Familienkasse gewährte Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR als Einkommen auf seinen Leistungsanspruch an. Ab November 2006 wurde kein Kindergeld mehr als Einkommen angerechnet.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 19.04.2007 hob die Familienkasse Bielefeld die Festsetzung des Kindergeldes für den Kläger ab Juli 2005 gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG nicht vorlägen. Eine Ausbildung werde nach Aktenlage nicht bzw. nicht mehr angestrebt. Der Kläger sei somit nicht mangels Ausbildungsplatz gehindert, eine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen. Nach den Daten der für die Ausbildungsstellenvermittlung zuständigen Stelle werde der Kläger dort nicht bzw. nicht mehr als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle geführt. Eigene Bemühungen um einen Ausbildungsplatz seien nicht bzw. nicht ausreichend nachgewiesen. Kindergeld sei für den Zeitraum von Juli 2005 bis Dezember 2006 in Höhe von 2.772,00 EUR überzahlt worden. Das Kindergeld bis einschließlich Juli 2006 sei vom Vater des Klägers, das Kindergeld von August bis Dezember 2006 vom Kläger als Abzweigungsempfänger zurückzuzahlen. Den Widerspruch vom 22.05.2007 wies die Familienkasse mit Widerspruchsbescheid vom 19.04.2008 zurück.
Am 29.05.2007 beantragte der Kläger die Neuberechnung der Leistungen für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.12.2006. Zur Begründung führte er aus, dass nunmehr infolge der Aufhebung der Kindergeldbewilligung ihm für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.12.2007 Leistungen ohne Anrechnung des Kindergeldes zu gewähren seien.
Mit Bescheid vom 06.06.2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Da der Kläger von Juli 2005 bis Dezember 2006 das Kindergeld tatsächlich erhalten habe, sei es gemäß § 11 SGB II auf seinen Bedarf anzurechnen. Die nachträgliche Rückforderung des Kindergeldes durch die Familienkasse ändere nichts daran, da das Kindergeld von Juli 2005 bis Dezember 2006 tatsächlich monatlich zur Verfügung gestanden habe. Bei der Berechnung von Arbeitslosengeld II-Leistungen seien immer die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bedürftigkeit zu berücksichtigen. Das bedeute, dass bei der Berechnung der Leistungen d...