Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Hilfsmittel. kein Anspruch auf Elektrorollstuhl mit Stehfunktion zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung. einstweiliger Rechtsschutz. Reichweite der Fiktionswirkung nach § 13 Abs 3a S 6 SGB 5

 

Orientierungssatz

1. Zum fehlenden Anspruch auf Versorgung mit einem Elektrorollstuhl mit Stehfunktion als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch soweit die Stehfunktion zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung eingesetzt werden soll.

2. Von der Fiktionswirkung nach § 13 Abs 3a S 6 SGB 5 sind nur solche beantragten Leistungen erfasst, die die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl SG Dortmund vom 31.1.2014 - S 28 KR 1/14 ER und LSG Essen vom 26.5.2014 - L 16 KR 154/14 B ER).

 

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

1. Der schriftlich gestellte Antrag der Antragstellerin (Bl. 2 der Gerichtsakte),

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit dem Hilfsmittel Elektrorollstuhl “Etac E895„ mit Stehfunktion zu versorgen,

hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Anordnungsanspruch) treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß §§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Zur Glaubhaftmachung einer Tatsache ist dabei eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichend (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 128 Rn. 3 d). Abzustellen ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts , weil mit der einstweiligen Anordnung der gegenwärtige Zustand geregelt werden soll (Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.11.2011, Az.: L 9 KR 23/11 B ER; Bayerisches LSG, Beschluss vom 31.01.2012, Az.: L 11 AS 982/11 B ER; Sozialgericht [SG] Dortmund, Beschluss vom 13.01.2010, Az.: S 40 KN 316/09 KR ER; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86b Rn. 42).

Nach diesem Maßstab fehlt es vorliegend an einem Anordnungsanspruch. Ein solcher ist nicht glaubhaft gemacht worden.

II.

a. Das Bestehen eines Anspruches nach § 33 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) ist jedenfalls nach summarischer Prüfung nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern allenfalls möglich (zum Maßstab Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 128 Rn. 3 d).

Nach § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Diese Voraussetzungen liegen nach summarischer Prüfung nicht vor.

(1) Ein Hilfsmittel ist zum Behinderungsausgleich nur dann erforderlich, wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt wird. Dazu gehören einerseits die körperlichen Grundfunktionen wie Gehen, Stehen, Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme oder Ausscheidung und andererseits die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens umfasst (BSG, Urteil vom 24.05.2006, Az.: B 3 KR 12/05 R; BSG, Urteil vom 19.04.2007, Az.: B 3 KR 9/06 R). Daneben ist das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, anerkannt (BSG, Urteil vom 24.05.2006, Az.: B 3 KR 12/05 R; BSG, Urteil vom 19.04.2007, Az.: B 3 KR 9/06 R). Der gewisse körperliche und geistige Freiraum, der in Erweiterung des allgemeinen Grundbedürfnisses noch in den Rahmen der Erforderlichkeit der Hilfsmittelversorgung fällt, umfasst indessen nur einen Basisausgleich der Behinderung und beabsichtigt keine möglichst gleiche Mobilität, über die unbehinderte und gesunde Versicherte verfügen. Der Verlust der Gehfähigkeit, der grundsätzlich durch die Rollstuhlversorgung ausgeglichen werden soll, kann im Rahmen der Hilfsmittelversorgung nur insoweit kompensiert werden, als eine grundsätzliche Mobilität hergestellt werden soll. Zu den insoweit maßgeblichen vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens gehört jedoch nur die Fähigkeit, sic...

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