Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeld II. Sanktionsbescheide. fehlende Aufhebung bzw Rücknahme der Bewilligungsbescheide

 

Orientierungssatz

Nach der Rechtsprechung des BSG zu früheren Regelung des § 31 Abs 6 S 1 Halbs 1 SGB 2 ist im Rahmen der Festsetzung einer Sanktion die Aufhebung bestandkräftiger früherer Bewilligungsentscheidungen erforderlich, wenn der Grundsicherungsträger mit diesen Bescheiden Leistungen in ungekürzter Höhe bewilligt hatte (vgl BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R = SozR 4-4200 § 31 Nr 3, vom 22.3.2010 - B 4 AS 68/09 R = SozR 4-4200 § 31 Nr 4 und vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R). Hieran ist auch nach der zum 1.4.2011 in Kraft getretenen Neuregelung des § 31b Abs 1 S 1 SGB 2 festzuhalten.

 

Tenor

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller vorläufig im Hinblick auf eine rechtskräftige Entscheidung in einem möglichen Hauptsacheverfahren Leistungen zur Grundsicherung für den Zeitraum vom 01.05.2014 bis zum 31.07.2014 in der durch den Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014 festgesetzten Höhe auszuzahlen. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes darum, ob der Antragsgegner die dem Antragsteller mit Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014 gewährten Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe auszuzahlen hat. Der Antragsteller steht beim Antragsgegner im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 21.03.2014 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis zum 30.09.2014 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von EUR 781,68. Dieser Betrag setzt sich aus Leistungen für den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von EUR 391,- und für Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von EUR 390,68 zusammen. Auf Seite 5 des Bescheids heißt es: "Die Leistungen werden wie folgt erbracht Für den Zeitraum ab Mai 2014 X. - Überweisung - ( ) - 447,60 X. - Überweisung - ( ) 334,08". In diesem Zusammenhang werden weiter die Bankverbindungen der jeweiligen Zahlungsempfänger aufgeführt. Mit Bescheid vom 02.04.2014 stellte der Antragsgegner für den Zeitraum vom 01.05.2014 bis zum 31.07.2014 eine Minderung der Leistungen des Antragstellers in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs, mithin in Höhe von EUR 39,10, fest. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass der Antragsteller trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu einem Meldetermin am 10.02.2014 ohne wichtigen Grund nicht erschienen sei. Eine (teilweise) Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 21.03.2014 nahm der Antragsgegner in diesem Bescheid nicht vor. Mit weiterem Bescheid vom 15.04.2014 stellte der Antragsgegner ebenfalls für den Zeitraum vom 01.05.2014 bis zum 31.07.2014 eine weitere Minderung der Leistungen des Antragstellers in Höhe von 10 Prozent der Regelleistung (EUR 39,10) fest. Die Minderungen aus mehreren nebeneinander ablaufenden Sanktionen addierten sich auf. Der Antragsgegner bezog sich nunmehr auf ein Meldeversäumnis des Antragstellers am 19.02.2014. Auch in diesem Bescheid nahm der Antragsgegner keine (teilweise) Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 21.03.2014 vor. Am 22.04.2014 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen das "Schreiben" vom 15.04.2014. Er habe die "Schreiben" vom 02.04.2014 und 15.04.2014 fotokopiert und an das Sozialgericht weitergeleitet. Am 24.04.2014 ging bei der erkennenden Kammer ein an die frühere Kammervorsitzende gerichtetes Schreiben des Antragstellers ein. Der Antragsteller führt hierin sinngemäß aus, dass er seiner Sachbearbeiterin im Vorfeld der Meldetermine schriftlich mitgeteilt habe, dass er diese nicht wahrnehmen könne, weil in seiner Wohnung Sanierungsarbeiten stattfänden. Dem Schreiben sind die Sanktionsbescheide vom 02.04.2014 und 15.04.2014 beigefügt. Der Antragsgegner zahlt die Leistungen an den Antragsteller derzeit nach Aktenstand unter Berücksichtigung einer Minderung in Höhe von insgesamt EUR 78,20 aus. Am 06.05.2014 hat der Antragsteller einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Der Antragsteller beantragt sinngemäß, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihm vorläufig im Hinblick auf eine rechtskräftige Entscheidung in einer möglichen Hauptsache Leistungen zur Grundsicherung für den Zeitraum vom 01.05.2014 bis zum 31.07.2014 in der durch den Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014 festgesetzten Höhe auszuzahlen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakte und die Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

II. Der Antrag des Antragsteller auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat vollumfänglich Erfolg. Er ist zunächst als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auszulegen. Der Antragsteller begehrt in der...

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