Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung bei erledigter Untätigkeitsklage

 

Orientierungssatz

1. Bei einer Untätigkeitsklage ist es denkbar, dass der richtige Klagegegner und die untätige Stelle nicht identisch sind. Um bei einer für den Widerspruchsführer nicht sicher zurechenbaren Untätigkeit den richtigen Kostenschuldner zu verklagen, ist es zulässig, dass die Klage gegen beide Stellen, nämlich die Ausgangs- und die Widerspruchsstelle gerichtet wird.

2. Richtet sich die Untätigkeitsklage gegen einen nicht kostenpflichtigen Beklagten, ohne dass sich dieser eine Untätigkeit der Widerspruchsbehörde zurechnen lassen müsste, so ist es ermessensgerecht, diesem die Kosten für die erhobene Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 SGG nicht aufzuerlegen.

 

Tenor

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Dem Antrag der Klägerin, die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, kann nach billigem Ermessen nicht stattgegeben werden.

Nach § 193 Absatz 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht über die Kostenerstattungspflicht auf Antrag durch Beschluss, sofern das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, ergeht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Insoweit sind die Erfolgsaussichten der Klage, wie auch die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung summarisch zu prüfen (Mayer-Ladewig SGG 9. Auflage 2008 § 193 Randnummer 12 ff).

Nach eingehender Prüfung wird es vorliegend nicht als ermessensgerecht angesehen, der Beklagten die Kosten für die erhobene Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufzuerlegen. Im Wesentlichen ist insoweit maßgeblich, dass die Beklagte der Klägerin keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat. So richtet sich die Untätigkeitsklage gegen eine nicht kostenpflichtige Beklagte, ohne dass sich diese eine Untätigkeit der Widerspruchsbehörde zurechnen lassen müsste.

Der richtige Klagegegner, das heißt die Passivlegitimation, bestimmt sich grundsätzlich danach, von welcher juristischen Person öffentlichen Rechts bzw. - soweit beteiligtenfähig - von welcher Behörde eine Leistung, ein Verwaltungsakt oder eine Feststellung bzw. auch eine Aufhebung begehrt wird (vgl. Mayer-Ladewig SGG 9. Auflage 2008 § 54 Randnummer 45). Im Land Nordrhein-Westfalen sind Behörden beteiligtenfähig (vgl. § 70 Nr. 3 SGG iVm § 3 des SGG Ausführungsgesetzes NRW). Soweit Ausgangs- und Widerspruchsbehörde nicht ausnahmsweise identisch sind, ist bezogen auf den richtigen Klagegegner bei einer Untätigkeitsklage im Widerspruchsverfahren im Sinne von § 88 Absatz 2 SGG bezogen auf den richtigen Klagegegner zu differenzieren. Zunächst ist die Klage gegen die Ausgangsbehörde bzw. den entsprechenden Rechtsträger zu richten, denn der Widerspruchsführer begehrt in erster Linie eine Abhilfe. Nach der "Nichtabhilfeentscheidung" mit Eintritt des Devolutiveffektes und Übergang der Entscheidungskompetenz auf die Widerspruchsstelle richtet sich die Untätigkeitsklage dann dem Begehren folgend grundsätzlich auch gegen diese Stelle, denn Ziel des Widerspruchsführers ist nun die Entscheidung der Widerspruchsstelle. Allerdings ist bei einer Untätigkeitsklage denkbar, dass der richtige Klagegegner wie dargestellt und die untätige Stelle nicht identisch sind. Um dann und insbesondere auch bei einer für den Widerspruchsführer einer Stelle nicht sicher zurechenbaren Untätigkeit den richtigen Kostenschuldner zu verklagen, ist es ausdrücklich als zulässig anzusehen, dass die Klage gegen beide Stellen, die Ausgangs- und die Widerspruchsstelle gerichtet wird (vgl. Bayrisches Landessozialgericht Beschluss vom 18.07.2006 - L 11 B 727/05 SO -).

Im vorliegenden Fall hat die beklagte Stadt Dortmund die Klägerin mit Schreiben vom 07.01.2008 dahingehend informiert, dass sie dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.11.2007 nicht abhelfen könne und sie die Akten daher zuständigkeitshalber an die Bezirksregierung Münster weiterleite. Unter Berücksichtigung dieses Schreibens wäre die Untätigkeitsklage dann grundsätzlich - zumindest hilfsweise - gegen die Bezirksregierung Münster zu richten gewesen, die auch zuständige Widerspruchsbehörde war (vgl. Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 10.06.2009 - S 7 SB 54/08 - ). Zweifel an der Zuständigkeit der Bezirksregierung Münster als Widerspruchsbehörde ergeben sich nach hiesiger Auffassung auch nicht im Anschluss an die Entscheidung des Zehnten Senates des Landessozialgerichts (vgl. Urteil vom 16.12.2009 - L 10 SB 39/09 - ). Selbst wenn man sich der dortigen Auffassung anschließen und die Widerspruchserteilung nach Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung als Selbstverwaltungsangelegenheit ansehen würde, wäre die Bezirksregierung Münster für die Erteilung des Widerspruchsbescheides als zuständig anzusehen. So ist § 2 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltungs des Landes Nordrhein-Westfalen vom...

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