Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. keine Kostenübernahme eines Leichtlauf-Falt- oder speziellen Rollstuhls. Auslegung der Vorschrift des § 13 Abs 3a SGB 5. kein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 SGB 12

 

Orientierungssatz

1. Ein Leichtlauf-Faltrollstuhl Traveller Classicline mit individuell angepasster Sitzeinheit ist nicht erforderlich, um eines der Ziele des § 33 Abs 1 S 1 SGB 5 zu erreichen. Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf die Versorgung mit dem speziellen Rollstuhl Traveller Classicline.

2. Allein die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 13 Abs 3a S 1 oder S 4 SGB 5 begründet noch keinen Anspruch aus einer fingierten Genehmigung gemäß § 13 Abs 3a S 6 SGB 5. Diese Vorschrift ist einschränkend auszulegen. Von der Fiktionswirkung sind nur solche beantragten Leistungen erfasst, die die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben.

3. Der Begriff der Grundbedürfnisse im Rahmen des § 31 SGB 9 ist nicht anders auszulegen als in § 33 SGB 5 mit der Folge, dass ebenso im Rahmen von § 54 SGB 12 kein Anspruch besteht.

 

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

Der schriftlich gestellte Antrag der Antragstellerin (Bl. 1 der Gerichtsakte),

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihr das Hilfsmittel Aktiv-Leichtlauf-Faltrollstuhl Traveller Classicline Firma Pro Aktiv mit anatomischer Sitz-Rückeneinheit nach Maß zu gewähren,

sowie

ihr Prozesskostenhilfe zu gewähren,

hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Anordnungsanspruch) treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß §§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Zur Glaubhaftmachung einer Tatsache ist dabei eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichend (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 128 Rn. 3 d). Abzustellen ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts , weil mit der einstweiligen Anordnung der gegenwärtige Zustand geregelt werden soll (Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.11.2011, Az.: L 9 KR 23/11 B ER; Bayerisches LSG, Beschluss vom 31.01.2012, Az.: L 11 AS 982/11 B ER; Sozialgericht [SG] Dortmund, Beschluss vom 13.01.2010, Az.: S 40 KN 316/09 KR ER; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86b Rn. 42).

Nach diesem Maßstab fehlt es vorliegend an einem Anordnungsanspruch.

Ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht worden.

a. Das Bestehen eines Anspruches nach § 33 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) ist jedenfalls nach summarischer Prüfung nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern allenfalls möglich (zum Maßstab Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 128 Rn. 3 d).

Nach § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Der Leichtlauf-Faltrollstuhl Traveller Classicline mit individuell angepasster Sitzeinheit ist nicht erforderlich, um eines der Ziele des § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V zu erreichen. Erforderlich ist ein Hilfsmittel, wenn sein Einsatz zur Erreichung des verfolgten Zweckes unvermeidbar und unentbehrlich ist (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17.09.1986, Az.: 3 RK 5/86; Knispel, in: Beck'scher Online-Kommentar, SGB V, § 33 Rn. 22). Daran mangelt es hier.

(1) Dies gilt zunächst für die beantragte anatomische Sitz-Rückeneinheit.

Ausweislich des eingeholten Befundberichts von XXX, Fachärztin für Kinder und Jugendmedizin, vom 16.01.2014 ist entgegen der ursprünglichen Verordnung vom 29.08.2013 gegenwärtig eine solche individuell angepasste Sitzeinheit nicht erforderlich (Bl. 53 der Gerichtsakte). Dies wiederum deckt sich mit dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 24.10.2013 nach Untersuchung der Antragstellerin am 17.10.2013. Danach finde sich gerade keine Wirbelsäulenverkrümmung, die eine Sitzschale rechtfertigen würde. Gegenteiliges ist weder vorgetragen, noch glaubhaft gemacht worden.

(2) Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf die Versorgung mit dem speziellen Rollstuhl Traveller classicline.

Soweit die Notwendigkeit der Versorgung mit diesem...

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