Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsförderung: Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger als unzuständigen Leistungsträger. Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs gegen die Bundesagentur für Arbeit

 

Orientierungssatz

Hat ein Rentenversicherungsträger anstelle der Bundesagentur für Arbeit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben als Rehabilitationsleistung bewilligt, so scheidet ein entsprechender Erstattungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit jedenfalls dann aus, wenn der Rentenversicherungsträger grundsätzlich zuständiger Leistungsträger für den begünstigten Versicherten ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.03.2013; Aktenzeichen B 11 AL 2/12 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht einen Erstattungsanspruch geltend.

Der am 28. Januar 1948 geborene Versicherte N (im folgenden Versicherter) bezog ab 01. Februar 2003 Anpassungsgeld. Am 04. oder 11. Juni 2003 beantragte der Versicherte bei der Beklagten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Beklagte leitete den Antrag am 12. Juni 2003 an die Klägerin weiter. Die Klägerin bewilligte dem Versicherten mit Bescheid vom 23. Januar 2004 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch Förderung in einer Werkstatt für Behinderte. Zugleich meldete sie bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch an.

Nachdem die Beklagte eine Erstattung ablehnte, hat die Klägerin am 04. Juni 2007 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, sie sei zwar Rentenversicherung des Versicherten, jedoch seien die ihm gewährten Leistungen zu Lasten der Rentenversicherung gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4a SGB VI ausgeschlossen gewesen. Denn der Versicherte habe Anpassungsgeld bezogen. Deswegen sei die Beklagte gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX zuständiger Träger für die Leistungen gewesen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 66643,93 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, bei der Regelung § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX werde nur darauf abgestellt, daß ein Rentenversicherungsträger grundsätzlich für die gewährten Leistungen zuständig sei. Es komme nicht darauf an, ob der Rentenversicherungsträger gegenüber dem Versicherten zur Leistung verpflichtet gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus § 22 Abs. 2 SGB III.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Streitakte und die Verwaltungsakten der Beteiligten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte.

Ein Erstattungsanspruch nach § 14 SGB IX oder §§ 102 ff SGB X scheidet aus, weil im vorliegenden Fall der Versicherte keinen Anspruch auf die von der Klägerin bewilligten Leistungen gegen die Beklagte hatte.

Dies ergibt sich zum einen aus § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX. Danach erbringt die Beklagte nämlich die von der Klägerin bewilligten Leistungen nicht, soweit ein Träger der Rentenversicherung nach §§ 11 bis 13 SGB VI zuständig ist. Hier war die Rentenversicherung zuständiger Leistungsträger für den Versicherten. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, daß sie die Leistungen an den Versicherten im Hinblick auf den Leistungsausschluß nach § 12 Abs. 1 Nr. 4a SGB VI zu Unrecht bewilligt hat. Denn der Versicherte war nach dieser Vorschrift wegen des Anpassungsgeldes von den bewilligten Leistungen ausgeschlossen. Dies führt jedoch nicht dazu, daß die Zuständigkeit der Klägerin im Sinne von § 42 SGB IX entfällt, sondern bedeutet lediglich, daß sie die Leistungen hätte nicht bewilligten dürfen.

Ferner besagt § 22 Abs. 2 SGB III ausdrücklich, daß die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur erbringen darf, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Im Gegensatz dazu wird in § 22 Abs. 1 SGB III durch den Gesetzgeber formuliert, daß die Beklagte bestimmte Leistungen nur erbringen darf, wenn nicht andere Stellen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet sind. Daraus ergibt sich, daß die grundsätzliche Zuständigkeit der Rentenversicherung für einen Versicherten, unabhängig davon, ob im Einzelfall eine Leistungsverpflichtung der Rentenversicherung besteht, Leistungen der Beklagten ausschließt (so auch Niesel Kommentar zum SGB III 3. Auflage, § 22 Rdnr. 17, Gagel/Steinmeyer Kommentar zum SGB III, § 22 Rdnr. 47 und Urteil des BSG 1 RA 47/79 zu § 57 AFG, der Vorläufervorschrift von § 22 SGB III, in SozR 2200 § 1273 a Nr. 16).

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI5094333

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