Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Höhe der Vergütung bei künstlicher Beatmung. Masken-CPAP
Orientierungssatz
Zeiten, in denen eine Atemunterstützung mittels Continuous Positive Airway Pressure - CPAP erfolgte, sind bei der Beatmungszeit gem DRG A11F/A13F nicht zu berücksichtigen.
Aktenzeichen beim LSG Essen: L 11 KR 580/15
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.879,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 06.06.2011 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 11.879,30 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Abrechnung der stationären Behandlung des Versicherten S. vom 23.06.2010 bis 05.07.2010.
Der Versicherte der Klägerin S. wurde vom 23.06.2010 bis 05.07.2010 in der Klinik der Beklagten behandelt. Die Beklagte rechnete die Behandlung am 07.10.2010 mit 25.280,71 Euro ab. Die Klägerin beglich zunächst die Forderung und schaltete darauf hin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dieser teilte im Gutachten vom 23.12.2010 mit, dass lediglich 241 Beatmungsstunden anzuerkennen seien. Die Maskenbeatmung könne nicht berücksichtigt werden, da kein Masken-CPAP (Continuous Positive Airway Pressure) für mindestens 6 Stunden täglich erfolgt sei. Auf den Widerspruch der Beklagten erstattete der MDK am 19.04.2011 ein erneutes Gutachten. Danach könne die CPAP-Beatmung nicht berücksichtigt werden, da keine CPAP-Anwendung für mindestens 6 Stunden täglich erfolgt sei. Dagegen könnten die BiPAP-Zeiten Berücksichtigung finden, so dass von insgesamt 246 Stunden Beatmungszeit auszugehen sei. Schließlich führte der MDK in dem auf neuerlichen Widerspruch der Beklagten erstatteten Gutachten vom 05.10.2011 aus, dass sich der Patient am 28.06. selbst extubiert habe. Danach sei eine CPAP-Beatmung erfolgt, was nicht zu berücksichtigen sei. Die Beklagte lehnte gleichwohl eine Rückzahlung ab.
Mit der am 12.04.2012 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Erstattung weiter. Nach den Feststellungen des MDK habe eine Beatmung für 246 Stunden stattgefunden. Dem seien die Beatmungszeiten mit der Maske nicht hinzuzurechnen, da an diesen Tagen keine Unterstützung der Atmung von mindestens 6 Stunden pro Tag durch das CPAP stattgefunden habe. Es habe auch keine Entwöhnung vorgelegen, da keine Spontanatmung für mindestens 6 Stunden pro Tag erfolgt sei. Auch die Beklagte habe eingeräumt, dass ein stabiler Zustand nicht bestanden habe. Die Kodierrichtlinie sei insoweit eindeutig. Denn es seien Zeiten zwischen dem Ende und dem Wiederbeginn der Beatmung außerhalb der Entwöhnung nicht zu berücksichtigen. Dies habe auch das Saarländische Landessozialgericht (LSG) bestätigt, wonach die Regelung über die Entwöhnung zeige, dass eine CPAP-Beatmung sonst nicht genüge und zudem eine Beatmung nicht mit einer CPAP-Unterstützung gleichzusetzen sei. Die streitige Kodierrichtlinie sei in Ansehung des Urteils des LSG auch geändert worden und regele nunmehr ausdrücklich, dass bei Neugeborenen und Säuglingen die CPAP-Beatmung berücksichtigt werden könne. Dies mache deutlich, dass dies in sonstigen Fällen nicht möglich sei. Zudem erfolge eine Aufrundung nur hinsichtlich des Gesamtergebnisses. Der Entscheidung des Hessischen LSG sei nicht zu folgen. Eine Entwöhnung könne nämlich nicht gleichzeitig mit der Beatmung beginnen, weil erst nach langanhaltender Beatmung überhaupt eine Entwöhnung erforderlich werde. Nur im Rahmen einer Entwöhnung seien aber beatmungsfreie Intervalle zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.879,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.06.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, dass sich der Patient am 28.06. selbst extubiert habe. Wegen einer respiratorischen Insuffizienz sei eine Beatmung über Masken, d.h. CPAP und BiPAP, erfolgt. Diese seien ebenfalls zu berücksichtigen. Zwar seien Weaningzeiten (Zeiten der Entwöhnung) mittels Maske nur zu berücksichtigen, wenn pro Tag mehr als 6 Stunden eine Beatmung erfolge. Diese Regelung gelte jedoch erst ab dem ersten Folgetag, der auf die Extubation folge. Es habe zudem keine stabile respiratorische Atmung bestände, wovon erst ausgegangen werden könne, wenn über 24 Stunden hinweg keine maschinelle Beatmung erforderlich gewesen sei. Mithin habe keine Entwöhnung stattgefunden, so dass die Sonderregelung nicht zur Anwendung gelange. Vielmehr sei durchgehend eine Unterstützung erforderlich geworden, wobei man zunächst zur Vermeidung einer Intubation eine Maskenbeatmung vorgenommen habe. Eine Berücksichtigungsfähigkeit folge aus der DKR 1001h. Denn danach könne bei intensivmedizinisch versorgten Patienten eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden. Der Versicherte sei hier ger...