Entscheidungsstichwort (Thema)

Verweisbarkeit eines Hauers im Bergbau bei beantragter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit

 

Orientierungssatz

1. Ein Hauer im Bergbau genießt Facharbeiterstatus. Kann er gesundheitsbedingt diesen Beruf nicht mehr ausüben, so kann er auf die Tätigkeit eines Kauenwärters (Reinigungsarbeiten), Verwiegers oder Lampenwärters zumutbar nicht verwiesen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, ob überhaupt eine Chance besteht, einen Arbeitsplatz in dem in Frage kommenden Verweisungsberuf zu erhalten (BSG Urteil vom 29. 4. 1997, 8 RKn 19/96).

2. Bei den Stellen eines Verwiegers und Lampenwärters handelt es sich um Schonarbeitsplätze, die ausschließlich mit Betriebsangehörigen der jeweiligen Zeche oder einer stillgelegten Zeche besetzt werden.

 

Tenor

Der Bescheid vom 13. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. März 1997 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen einer am 30. September 1996 eingetretenen Berufsunfähigkeit Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der geborene Kläger wurde 1973 im deutschen Steinkohlenbergbau angelegt. Er brachte es bis zum Hauer. Nach einer Arbeitsunfähigkeitszeit wurde er ab 1987 auf Haus Aden/Monopol bzw. Bergwerk- Ost nur noch als Kauenwärter eingesetzt. Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit bezieht er bereits ausgehend von einem Versicherungsfall November 1985. Am 29. Oktober 1996 beantragte der Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit. Die Beklagte zog ein Gutachten ihres Sozialmedizinischen Dienstes aus einem früheren Rentenverfahren von Mai 1996 bei. In diesem Gutachten war der Sozialmedizinische Dienst zu dem Ergebnis gekommen, schwere Tätigkeiten könnten dem Kläger nicht mehr zugemutet werden. Er könne aber noch seine bisherige Tätigkeit als Kauenwärter verrichten. Mit Bescheid vom 13. November 1996 und Widerspruchsbescheid vom 03. März 1997 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit ab. Sie ging von dem Hauptberuf als Hauer aus und verwies den Kläger zum Ausschluß der Rente wegen Berufsunfähigkeit auf die Tätigkeit als Lagerarbeiter 1. Daraufhin hat der Kläger am 21. März 1997 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, er könne keiner zumutbaren Verweisungstätigkeit mehr nachgehen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 13. November 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. März 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ausgehend von einer am 30. September 1996 eingetretenen Berufsunfähigkeit Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Sie verweist den Kläger zum Ausschluß der Rente wegen Berufsunfähigkeit nunmehr noch auf die Tätigkeiten als Verwieger 2 und Lampenwärter. Solange der Kläger im Bergbau beschäftigt gewesen sei, könne er auf Bergbautätigkeiten verwiesen werden. Sie stützt sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (-BSG-8 RKn 19/96)• sowie Rechtsprechung des Landessozialgerichts Essen (Urteil L 2 (18) Kn 43/95). Das Gericht hat Auskünfte der Zeche des Klägers eingeholt. Danach ist der Kläger als Kauenwärter beschäftigt gewesen, hat aber den Lohn eines angelernten Handwerkers nach Lohngruppe 06 erhalten. Von November 1998 bis Ende Mai 2000 ist er in Dauerkurzarbeit gewesen. Anschließend ist er abgekehrt. Das Gericht hat Beweis erhoben und den Orthopäden Dr. sowie den Internisten Dr. beide vom Katholischen Krankenhaus mit Gutachten beauftragt. Dr. ist zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger könne seit September 1996 nur noch leicht bis gelegentlich mittelschwer arbeiten. Heben von. Lasten bis 10 Kilogramm sei noch möglich. Dr. ist zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger könne noch leichte Arbeiten verrichten. Schließlich hat die Kammer Herrn , Leiter der Abteilung Arbeitsschutz, Gesundheit und Umweltschutz auf dem Bergwerk Ost, sowie Herrn Aufsicht im Tagesbetrieb auf dem Bergwerk Ost, als Zeugen dazu vernommen, ob der Kläger eine Chance auf eine Stelle als Verwieger 2 und Lampenwärter gehabt hat. Beide Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Streitakte und die Verwaltungsakte der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte den Rechtsstreit mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Zu Unrecht hat die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit abgelehnt. Der Anspruch des Klägers richtet sich gemäß § 300 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgese...

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