Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des einem Facharzt für Allgemeinmedizin zugewiesenen praxisbezogenen Regelleistungsvolumens

 

Orientierungssatz

1. Die Zuweisung des einem Facharzt für Allgemeinmedizin praxisbezogenen Regelleistungsvolumens (RLV) gemäß § 87b SGB 5 errechnet sich nach Nr. 4.3.1. RLV-Verordnung entsprechend dem arztgruppenspezifischen RLV für Hausärzte aus der Multiplikation des zum jeweiligen Quartal gültigen arztgruppenspezifischen Fallwertes gemäß Anlage 3 und der Zahl der in Nr. 3.3 als RLV relevant definierten Fälle des Arztes im jeweiligen Vorjahresquartal sowie des nach Altersklassen gemäß Anlage 3 Nr. 6 zu ermittelnden Kriteriums der Morbidität.

2. Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis sind nach § 87b Abs. 2 S. 1 SGB 5 arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen.

3. Für jede Arztgruppe wird ein arztgruppenspezifischer Fallwert zur Ermittlung des RLV berechnet. Dieser ist wesentlicher Faktor für die Berechnung des dem Arzt zuzuweisenden praxisbezogenen arztgruppenspezifischen RLV.

4. Maßgebend dafür, ob die Regelung der Honorarverteilung den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügt, ist nicht die Ertragssituation einer einzelnen vertragsärztlichen Praxis, sondern die generelle Situation der betroffenen Arztgruppe.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Streitig ist der Bescheid, mit dem die Beklagte dem Kläger das praxisbezogene Regelleistungsvolumen (RLV) für das Quartal I/2009 zugewiesen hat.

Der Kläger ist Facharzt für Allgemeinmedizin und nimmt seit 01.01.1994 in Münster als Hausarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Mit Bescheid vom 28.11.2008 wies die Beklagte ihm für das Quartal I/2009 ein praxisbezogenes RLV in Höhe von 31.906,74 EUR zu. Der Betrag errechnet sich als Produkt der RLV-relevanten Fallzahl des Klägers aus dem Vorjahresquartal (1070), dem RLV-Fallwert für die Arztgruppe der Hausärzte (32,43 EUR) und dem nach den Daten des Vorjahresquartals bemessenen Morbiditätsfaktor der Praxis (0,9195). Gleichzeitig setzte die Beklagte einen Umsatzkorridor fest.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 03.12.2008 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass der Bescheid keinen direkten Vergleich mit seinem Honorar für das Quartal I/2008 ermögliche. Der der Berechnung zugrunde liegende EBM entspreche nicht den Intentionen des Gesetzgebers.

Am 31.08.2009 legte er auch gegen den Abrechnungsbescheid für das Quartal I/2009 vom 18.08.2009 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Zuweisungsbescheid zurück. Sie stellte die Grundzüge der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Honorarreform dar und setzte sich mit den häufigsten Einwänden der Ärzteschaft gegen die Rechtmäßigkeit der Reform auseinander. Abschließend wies sie darauf hin, dass Anträge auf Ausnahmeregelungen nach Ziffern 4.3.1, 4.4.1, 4.4.2, 4.4.3b und 4.5 als eigenständige Verfahren bearbeitet würden und nicht Gegenstand dieses Widerspruchsbescheides seien.

Dieser Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 30.04.2010 zugestellt. Daraufhin hat der Kläger am 17.05.2010 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus: Der zugrunde gelegte Morbiditätsfaktor berücksichtige gerade nicht die tatsächliche Morbidität seiner Patienten. Obwohl er überdurchschnittlich viele chronisch kranke Patienten behandele, sei der Morbiditätsfaktor mit weniger als 1 festgesetzt worden. Mit seiner Formel zur Berechnung der Morbidität habe sich der (Erweiterte) Bewertungsausschuss nicht an die gesetzgeberischen Vorgaben gehalten, nach denen die Morbidität nicht nur nach dem Kriterium Alter, sondern auch nach dem Geschlecht abzubilden sei. Außerdem verstießen die großen Unterschiede in der Höhe der Fallwerte für Hausärzte, die von 32,43 EUR in Westfalen-Lippe bis 44,39 EUR in Niedersachsen reichten, gegen den Gleichheitsgrundsatz. Den Behandlungsbedarf habe der Bewertungsausschuss rechtswidrig auf der Basis der vier Quartale des Jahres 2007 ermittelt. Zu Unrecht habe er auch keine Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur festgelegt. Insoweit hätten jedenfalls die regionalen Vertragspartner von ihren Verhandlungsmöglichkeiten Gebrauch machen müssen. Die Beklagte führe wegen der von ihr angenommenen Benachteiligung bei der Festlegung der Honorarverteilungsquote einen Rechtsstreit gegen die KBV.

Der Kläger beantragt,

den Zuweisungsbescheid für das Quartal I/2009 vom 28.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das RLV für dieses Quartal unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt aus, dass sie mit den angefochtenen Bescheiden die gesetzlichen Vorgaben und die diesbzgl. Beschlüsse des Bewertungsausschusses zutreffend umgesetzt habe. Der Kläger habe ausweislich der Abrechnungshäufigkeit in ...

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