Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen Erwerbsminderung. Ausstellung von ärztlichen Attesten. sozialmedizinisches Gutachten

 

Orientierungssatz

Zur Bedeutung von Attesten der behandelnden niedergelassen Ärzten und deren Überprüfung durch neutrale sozialmedizinische Gutachten bei der Feststellung der Erwerbsminderung.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die im Jahr 1960 geborene Klägerin brach eine Lehre als Verkäuferin ab. Sie war zuletzt von 1980 bis Dezember 2000 als angelernte Montiererin erwerbstätig. Seit dem ist die Klägerin arbeitslos.

Am 01.03.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog ein orthopädisches Gutachten von G. U vom 29.03.2004 bei. Demnach bestanden bei der Klägerin ein Verschleißleiden der großen Gelenke und ein Wirbelsäulenverschleißleiden. Der Gutachter hielt die Klägerin für in der Lage, körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr zu verrichten. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 27.04.2004 ab. Während des Widerspruchsverfahrens absolvierte die Klägerin ein medizinisches Heilverfahren in der Klinik L (12.07.2004 bis 30.07.2004). Die Rehabilitationsärzte diagnostizierten eine beginnende mediale Gonarthrose rechts, rezidivierende Lumbalgien ohne radikuläre Symptomatik bei muskulärer Insuffizienz, ein leichtgradiges degeneratives HWS-Syndrom, den Verdacht auf eine Somatisierungsstörung und eine Hyperlipoproteinämie. Sie hielten die Klägerin für in der Lage, körperlich mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr zu verrichten (Rehabilitationsentlassungsbericht der Klinik L vom 13.08.2004). Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2004 als unbegründet zurück. Mit dem während des Heilverfahrens festgestellten vollschichtigen Leistungsvermögen liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheitere am fehlenden Berufsschutz der Klägerin.

Zur Begründung ihrer am 17.11.2004 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, nur noch unter drei Stunden täglich leistungsfähig zu sein. Die Klägerin legt zur Stützung ihres Klagebegehrens während des gesamten Verfahrensablaufs zahlreiche Atteste ihrer behandelnden Ärzte vor (Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren: 9 Atteste, Klageverfahren: 20 Atteste). Es handelt sich um den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie N, den Internisten Dr. E, die Hausärzte Dres. L und G, den HNO-Arzt Dr. I und die Orthopädin Dr. H. Darüberhinaus legt die Klägerin einen Behandlungsbericht des St.-Josefs-Hospitals C vom 06.01.2005 und ein Kurzgutachten der Internistin C vom 09.11.2005 für den Ennepe-Ruhr-Kreis vor. Schließlich verweist die Klägerin auf eine gutachterliche Stellungnahme des Versorgungsamtes Dortmund vom 12.09.2005 mit dem Vorschlag eines Grades der Behinderung (GdB) von 70.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2004 zu verurteilen, ihre ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide gestützt auf eine ärztliche Stellungnahme von Dr. G1 vom 07.04.2006 weiterhin für rechtmäßig.

Das Gericht hat die Ärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin Dr. G2 zur Sachverständigen bestellt. Dr. G2 beschreibt in ihrem internistischen Gutachten vom 21.02.2005 nebst ergänzender Stellungnahmen vom 27.05.2005, 21.11.2005 und 30.11.2005 folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin:

Verschleißleiden im Bereich der Wirbelsäule mit wiederkehrendem Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Kniegelenksverschleiß beidseits, rechts mehr als links, Zustand nach mehrfachen Kniegelenksoperationen rechts, Beginnendes Verschleißleiden beider Schultergelenke, derzeit ohne Funktionsbeeinträchtigung bei endgradigem Bewegungsschmerz links, Magenschleimhautentzündung sowie Refluxoesophagitis unter Einnahme von Schmerzmitteln, Karpaltunnelsyndrom links, Sehminderung rechtes Auge, Tinnitus , links mehr als rechts, ohne relevante Hörminderung, Anamnestisch Neigung zu Bronchitis, derzeit lungenfunktionsanalytisch ohne Auffälligkeiten, Anamnestisch Fettstoffwechselstörung, Zustand nach Schilddrüsenteilentfernung 1999, Latent depressive Symptomatik.

Dr. G2 hält die Klägerin für in der Lage, körperlich leichte witterungsgeschützte Arbeiten sechs Stunden und mehr zu verrichten. Bezüglich der Wirbelsäulen- und Gelenkveränderungen bestehe eine Neigung zur Aggravation.

Anschließend hat das Gericht den Arzt für Nervenheilkunde Dr. S zum weiteren Sachverständigen bestellt. Dr. S diagnostizie...

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