Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Sozialversicherungspflicht. Klinikarzt. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Orientierungssatz
Stationsärzte eines Krankenhauses, die in die Arbeitsorganisation der Station eingegliedert sind und kein unternehmerisches Risiko tragen, sind keine freiberuflichen Honorarkräfte, sondern unterliegen als abhängig Beschäftigte der Sozialversicherungspflicht.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 19.093,25 EUR festgestellt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen im Rahmen einer Betriebsprüfung. Die Beklagte führte bei der Klägerin ab 12.03.2012 eine Betriebsprüfung für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 durch. Mit Bescheid vom 13.03.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2013 erhob die Beklagte für den Prüfzeitraum Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 19093,25 Euro (einschließlich 4123,- Euro Säumniszuschläge) nach. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Beigeladenen zu 1) bis 4) seien im Prüfzeitraum als Stationsärzte in den neurologischen und psychiatrischen Abteilungen der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen und seien somit dem Grunde nach versicherungspflichtig in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung gewesen. Die Versicherungspflicht bestehe für den Beigeladenen zu 4) in der Renten- und Arbeitslosenversicherung und für die Beigeladenen zu 1) bis 3) lediglich in der Arbeitslosenversicherung. Im Übrigen seien die Beigeladenen von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit bzw. in der Kranken- und Pflegeversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht versicherungspflichtig. Dementsprechend würden die Beiträge individuell nachberechnet. Zur Begründung der hiergegen am 27.12.2013 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die Beigeladenen zu 1) bis 4) seien als freiberufliche Honorarkräfte selbständig tätig gewesen und hätten deshalb nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen. Die Beklagte habe keine konkreten Anhaltspunkte dafür ermittelt, dass die beigeladenen Ärzte in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert gewesen seien. Vielmehr beruhe die angefochtene Entscheidung der Beklagten auf einem Vorurteil gegenüber dem Honorararzteinsatz im Krankenhaus als solchem. Soweit das LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 17.04.2013, Az.: L 5 R 3755/11, NZS 2013, 501) davon ausgehe, dass nicht niedergelassenen Ärzten die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs in Form der stationären Behandlung von Krankenhauspatienten in Hauptabteilungen nur durch die Anstellung bei dem Krankenhaus vermittelt werden könne, sei dies unzutreffend.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 19093,25 Euro nebst gesetzlichen Zinsen zurückzuzahlen,
2. den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2013 insoweit aufzuheben, als darin für die Beigeladenen zu 1) bis 4) die gesetzliche Versicherungspflicht nach allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung festgestellt wird und die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ausgehend von einer abhängigen Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV nur aufgrund von einzelnen Versicherungsfreiheitstatbeständen festgestellt wird,
3. festzustellen, dass eine auf Grund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV begründete Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 4) bei der Klägerin in der Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 nicht bestand,
4. der Beklagten die außergerichtlichen und die gerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung weiterhin für rechtmäßig. Die Beigeladenen stellen keinen Klageantrag. Der Beigeladene zu 1) trägt vor, er habe an festgelegten Zeiten an Visiten und Besprechungen in der neurologischen Abteilung teilgenommen. Fachärztliche Befunde der Kollegen, auch anderer Abteilungen, hätten berücksichtigt werden müssen. Seine Arbeitszeiten hätten an die Organisation des Krankenhauses angepasst werden müssen. Sein Stundenhonorar sei nach Abzeichnung durch den Chef- bzw. Oberarzt wöchentlich ausgezahlt worden. Miete für Raumnutzung oder Geräte habe er nicht zahlen müssen. Der Beigeladene zu 4) trägt vor, er habe seine Arbeitseinsätze in der Regel mit dem Chefarzt besprochen und sei insoweit nicht konkret in den Dienstplan eingebunden gewesen. Er habe an ärztlichen Teambesprechungen und Visiten mit den angestellten Ärzten teilgenommen. Ein Arbeitszeugnis sei ihm nicht ausgestellt worden. Die Patienten hätten nicht gewusst...