Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit einer Zahlungsaufforderung nach einer Nachkodierung der Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten

 

Orientierungssatz

1. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse für eine stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten nach §§ 109 Abs. 4 S. 3 SGB 5, 7 S. 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 S. 1 KHEntgG, 17b KHG entsteht unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i. S. von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB 5 notwendig ist.

2. Die Vereinbarung einer Ausschlussfrist für eine nachträgliche Rechnungskorrektur ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage in §§ 17c Abs. 2 KHG, 275 Abs. 1c SGB 5 gedeckt.

3. Vielmehr enthält § 275 Abs. 1c S. 2 SGB 5 als einzig relevante Frist die Einleitungsfrist von sechs Wochen, welche von der Krankenkasse zu berücksichtigen ist.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.996,98 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 3.996,98 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Zahlungsforderung nach einer Nachkodierung der Vergütung für eine stationäre Krankenbehandlung.

Die Klägerin ist Trägerin des Nkrankenhaus T. Dieses ist zur stationären Krankenhausbehandlung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen.

In der Zeit vom 21.05.2015 bis zum 17.07.2015 befand sich die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Frau B (Versicherte) wegen einer instabilen Femurfraktur rechts im Krankenhaus der Beklagten. Die vollstationäre Aufnahme erfolgte notfallmäßig nach einem Sturz im häuslichen Bereich. Am 21.05.2015 erfolgte eine Osteosynthese mit verriegeltem proximalen Femurnagel. Aufgrund eines beginnenden Cutting Out war am 24.06.2016 ein Revisionseingriff durch Entfernung des proximalen Femurnagels und die Implantation einer modularen Revisionsprothese erforderlich. Sodann erfolgte am 09.07.2015 eine weitere Osteosynthese mit Drahtcerclagen. Für den stationären Aufenthalt stellte die Klägerin der Beklagte am 23.07.2015 unter der DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, mit Mehrfacheingriff oder mit komplexer Diagnose oder mit komplexer Prozedur oder mit äußerst schweren Komplikationen) einen Betrag in Höhe von 15.014,06 EUR in Rechnung. Die Beklagte beglich diesen Betrag zunächst vollständig.

Mit Prüfanzeige vom 04.08.2015 leitete die Beklagte sodann ein Prüfverfahren unter der Fragestellung der Notwendigkeit der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer ein. Mit Schreiben vom 05.08.2015 forderte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) sämtliche für die Prüfung relevanten Unterlagen ein. Mit Gutachten vom 28.01.2016 kam dieser zu dem Ergebnis, dass die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer im abgerechneten Umfang nicht begründet sei, da von 57 stationären Behandlungstagen nur 49 Tage erforderlich gewesen seien. Die Beklagte schloss sich der Auffassung des MDK an und forderte von der Klägerin mit Schreiben vom 21.01.2016 die Rückzahlung von 1.905,21 EUR.

Mit Schreiben vom 15.02.2016 widersprach die Klägerin der Rückforderung der Beklagten. Nach erneuter Durchsicht der Patientendokumentation sei die Nebendiagnose L89.14 (Dekubitus 2. Grades, Kreuzbein) zusätzlich zu verschlüsseln. Nach der erforderlichen Nachkodierung sie der Aufenthalt daher unter der DRG I08B (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, mit komplexem Mehrfacheingriff oder komplexen Diagnosen oder mit bestimmtem Eingriff bei Beckenfraktur mit äußerst schweren CC oder Ersatz des Hüftgelenkes mit best. Eingriff an oberer Extremität und Wirbelsäule) zu verschlüsseln.

Mit Schreiben vom 17.02.2016 lehnte die Beklagte die Nachkodierung ab, da dies nach § 7 Abs. 5 SS. 1-2 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) nicht mehr zulässig sei. Unter dem 25.02.2016 übersandte die Klägerin eine korrigierte Schlussrechnung in Höhe von 19.011,04 EUR sowie am 18.04.2016 eine korrigierte Entlassungsanzeige unter Angabe der Nebendiagnose L89.14. Zu einer weiteren Vergütung kam es in der Folge nicht.

Mit der am 26.04.2016 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung der noch offenen Vergütung unter der DRG I08B in Höhe von 3.996,98 EUR weiter. Die Nachforderung sei zulässig, weil sie innerhalb eines Jahres nach Erteilung der ersten Schlussrechnung erfolgt sei und es sich nicht um einen Bagatellbetrag handle. Auch sei die Fünf-Monats-Frist nach § 7 Abs. 5 PrüfvV eingehalten. Diese gelte auch weiter, wenn die MDK-Prüfung abgeschlossen ist. Ferner entfalte die Regelung des § 7 Abs. 2 PrüfvV keine Ausschlusswirkung. Anders als in den Regelungen in § 6 Abs. 2 sowie § 8 S. 4 PrüfvV, wo die Fristen ausdrücklich als Ausschlussfristen bezeichnet werden, enthält § 7 Abs. 5 PrüfvV eine solche Formulierung nicht. Dies sei wegen der weitreichenden Folgen aber unumgängli...

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