Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfrist bei der Geltendmachung von Einwendungen der Krankenkasse gegen die Kostenrechnung des Krankenhausträgers

 

Orientierungssatz

1. Die Krankenkasse ist nach § 109 Abs. 4 SGB 5 i. V. m. § 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG verpflichtet, die vereinbarten Entgelte zu zahlen, wenn die Versorgung des Versicherten im Krankenhaus i. S. von § 39 SGB 5 notwendig gewesen ist und Krankenhausbehandlung stattgefunden hat.

2. Auf die fehlende Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung kann sich die Krankenkasse bei Rechtsmissbräuchlichkeit nicht mehr berufen. Unterlässt die Krankenkasse die Einleitung des Prüfverfahrens, solange sich das Krankenhaus hierauf einstellen muss, in gravierender Weise, so ist sie nach Treu und Glauben mit solchen Einwendungen endgültig ausgeschlossen, die bis dahin geltend gemacht werden konnten.

3. § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 erlegt den Krankenkassen die Pflicht auf, bei Erbringung von Leistungen eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Die Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen.

4. Diese Frist schließt nach ihrem Ablauf jegliche Einwendungen, die die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung betreffen, aus.

5. Die Frist ist von Amts wegen vom Gericht zu beachten.

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.201,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2009 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Der Streitwert wird auf 2.201,19 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Krankenhausbehandlungskosten und insbesondere darum, ob die Beklagte mit Einwendungen ausgeschlossen ist.

Der am xxx geborene xxx (Versicherter) wurde im von der Klägerin getragenen Krankenhaus in der Zeit vom 17.01. bis 21.01.2008 stationär behandelt. Die Klägerin rechnete den Behandlungsfall mit der DRG I20E mit Rechnung vom 23.01.2008 gegenüber der Beklagten mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 2.201,19 EUR ab. Die Rechnung wurde der Beklagten am gleichen Tag mittels Datenträgeraustausch übersandt.

Mit Schreiben vom 13.02.2008 forderte die Beklagte die Klägerin auf, eine "zielgerichtete Begründung mittels des beigefügten Kurzberichts" zu übersenden. Mit Schreiben vom 29.02.2008 erinnerte sie an die Erledigung innerhalb einer Frist von 10 Tagen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 13.02. und 29.02.2008 Bezug genommen. Die Klägerin übersandte daraufhin am 28.02.2008 eine Stellungnahme, die bei der Beklagten laut Posteingangsstempel am 05.03.2008 einging.

Mit Schreiben vom 06.03.2008, der Klägerin nach eigenen Angaben am 10.03.2008 zugegangen, bat der MDK um Übersendung des Entlassungsberichts und des OP-Berichts. Der MDK gab an, von der Beklagten mit Schreiben vom 05.03.2008 beauftragt worden zu sein. Die Klägerin wies die Forderung mit Schreiben vom 10.03.2008 unter Hinweis auf § 275 Abs. 1 c SGB V zurück.

Mit Schreiben vom 10.03.2009 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab.

Am 06.05.2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass sie zu Recht die DRG I20E abgerechnet habe, weil deren Voraussetzungen vorgelegen hätten. Die stationäre Behandlung sei nicht durch § 115 b SGB V ausgeschlossen. Die Beklagte habe die Frist zur Überprüfung des Behandlungsfalls durch den MDK gemäß § 275 Abs. 1 c SGB V nicht eingehalten. Die Anzeige des MDK und deren Zugang bei der Klägerin seien erst nach Ablauf der Sechswochenfrist erfolgt. § 275 Abs. 1 c SGB V normiere eine Ausschlussfrist. Nach Verstreichen der Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1 c SGB V sei eine Überprüfung durch den MDK ausgeschlossen. Wenn die Krankenkasse es aber versäume, unter Ausschöpfung ihrer Ermittlungs- und Überprüfungsmöglichkeiten ihre Einwendungen zu spezifizieren und nicht nur in Form eines Bestreitens des Vorbringens des Krankenhauses darzustellen, sei über die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung vom Gericht kein Beweis mehr zu erheben. Auch habe die Klägerin keine Obliegenheit verletzt. Auf die Anfrage der Beklagten vom 13.02.2008 habe der verantwortliche Oberarzt der Klägerin mit Schreiben vom 25.02.2008 Stellung genommen, die am 28.02.2008 versandt worden sei. Diese müsse der Beklagten am Folgetag zugegangen sein. Selbst am 05.03.2008 sei jedoch eine fristgemäße Anzeige einer Überprüfung des Behandlungsfalles durch den MDK noch möglich gewesen. Zwar seien die durchgeführten Eingriffe im AOP-Katalog unter der Kategorie 1, d.h. als Leistungen, die in der Regel ambulant erbracht werden können, aufgeführt. Daraus folge jedoch keine Verpflichtung zur ambulanten Leistungserbringung. Die behandelnden Ärzte hätten im Streitfall wegen des hohen Pseudoarthroserisikos bei dem zudem langjährig an Rückenproblemen leidenden Patienten auf Grund seines Nikotinabusus eine Gefährdung des Behandlungserfolges befürchtet.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte zu verurteil...

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