Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenbehandlung. Liposuktion. Erbringung von noch nicht vom GBA bewerteter Methoden im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung. kein über den ursprünglichen Sachleistungsanspruch hinausgehender Anspruch im Wege der Genehmigungsfiktion bei nicht fristgerechter Entscheidung. Sachleistungsanspruch auf eine ambulante Behandlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung können auch Methoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, die noch nicht vom GBA bewertet wurden, soweit sie das Potenzial für eine erforderliche Behandlungsalternative bieten. Der klar zu Tage tretende gesetzgeberische Wille kann nicht unter Berufung auf das Wirtschaftlichkeitsgebot negiert werden (entgegen BSG vom 17.11.2015 - B 1 KR 15/15 R = SozR 4-2500 § 137 Nr 6).

2. § 13 Abs 3a S 7 SGB V begründet - entgegen der Rechtsprechung des BSG (vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R =BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33) - keinen über den ursprünglichen Sachleistungsanspruch hinausgehenden Kostenerstattungsanspruch. Das BSG berücksichtigt nur unzureichend den Wortlaut von § 13 Abs 3a S 7 SGB V, die systematische Stellung der Regelung, den gesetzgeberischen Willen und die sonst auftretenden Wertungswidersprüche.

 

Orientierungssatz

Zur Frage eines fehlenden Sachleistungsanspruchs auf eine ambulante Liposuktion.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Kostenerstattung für eine Liposuktion der Beine und Arme in Höhe von 13.087,21 Euro.

Die XX-jährige Klägerin stellte mit Schreiben vom 30.11.2014, bei der Beklagten eingegangen am 03.12.2014, einen Antrag auf Gewährung einer Liposuktion der Beine und Arme. Die Beklagte schaltete daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, der in seiner Stellungnahme vom 07.12.2014 mitteilte, dass die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nicht vorlägen. In einem am 18.12.2014 mit der Klägerin geführten Telefonat teilte die Beklagte mit, dass der entsprechende Antrag abgelehnt wird. Daraufhin begehrte die Klägerin eine schriftliche Ablehnungsentscheidung. Dies nahm die Beklagte wiederum zum Anlass, nochmals den MDK einzuschalten. Im Gutachten vom 28.01.2015 gab er an, dass es sich bei der Liposuktion um eine neue Behandlungsmethode handele, die mangels Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nicht zum Leistungsumfang der Krankenversicherung gehöre. Vorrangig sei die konservative Therapie, zumal sich keine Studien fänden, die die Wirksamkeit der Liposuktion belegen würden. Mit schriftlichem Bescheid vom 02.02.2015 lehnte die Beklagte den Antrag wiederholt ab.

Dagegen erhob die Klägerin am 03.02.2015 Widerspruch mit der Begründung, dass die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a S. 6 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) vorlägen. Mit Bescheid vom 12.05.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Krankenhausbehandlung sei nicht erforderlich, da die konservativen Therapien ausreichend seien. Im ambulanten Bereich fehle es an einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses. § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V greife nicht ein, weil der Antrag rechtzeitig mündlich abgelehnt worden sei.

Mit der am 01.06.2015 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, dass bezüglich des Anspruches bereits die Genehmigungsfiktion eingreife. Es sei abwegig, sich auf eine Telefonat am 18.12.2014 zu berufen. Die mündliche Ablehnung sei ohne Bedeutung, da sie noch vor Eingang des Gutachtens des MDK ergangen sei. Anderenfalls umgehe man die Funktion der Einschaltung des MDK. Da sie sich die Liposuktion nunmehr selbst beschafft habe, sei die Beklagte zur Kostenerstattung verpflichtet.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 02.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 zu verurteilen, an die Klägerin 13.087,21 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie zunächst Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, dass die Genehmigungsfiktion nicht eingreife, da der Antrag bereits am 18.12.2014 mündlich abgelehnt worden sei. Dies sei von der Klägerin unstreitig gestellt worden. Die mündliche Ablehnung sei auch ordnungsgemäß erfolgt, weil der Anspruch bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht komme, so dass es keines Gutachtens des MDK bedurft habe. Im Übrigen führe die Genehmigungsfiktion gerade nicht zu einer Leistungsausweitung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die das Gericht beigezogen hat und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 18.12.2014, schriftlich bestätigt durch das Schreiben vom 02.02.2015, in der Gestalt des Widerspr...

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