Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Teilzulassung für haus- und fachärztliche Versorgung
Orientierungssatz
1. Ein Vertragsarzt kann auch zwei hälftige Teilzulassungen erhalten (vgl LSG Chemnitz vom 2.10.2013 - L 8 KA 48/11).
2. Dass ein Vertragsarzt zwei hälftige Teilzulassungen erhalten kann, umfasst grundsätzlich auch die Möglichkeit, ihm am selben Vertragsarztsitz je eine Teilzulassung für die haus- und für die fachärztliche Versorgung zu erteilen.
Tenor
Der Beschluss des Beklagten vom 28.09.2011 wird aufgehoben; der Beklagte wird verurteilt, über den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 23.03.2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die beantragte Sonderbedarfszulassung des Klägers mit hälftigem Versorgungsauftrag.
Der Kläger ist seit 30.10.1999 Facharzt für Chirurgie und seit 30.06.2001 auch Facharzt für Allgemeinmedizin und hat die Zusatzbezeichnung Chirotherapie. Seit 23.07.2001 nimmt er in einer hausärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft in G als Allgemeinmediziner an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Der Beklagte bzw die Beigeladene zu 7) hatten ihn wegen der schlechten chirurgischen Versorgung vor Ort gemäß § 73 Abs. 1a Satz 3 SGB V befristet berechtigt, spezifische fachärztliche Leistungen (insbesondere teilradiologische Leistungen und ambulante Operationen) zu erbringen.
Am 03.02.2011 beantragte der Kläger beim Zulassungsausschuss, ihn für den Vertragsarztsitz der Berufsausübungsgemeinschaft als Facharzt für Chirurgie - unter Reduzierung des hausärztlichen Versorgungsauftrags auf die Hälfte - im Wege einer Sonderbedarfsfeststellung gemäß § 26 iVm § 24a Bedarfsplanungs-Richtlinie Ärzte zur fachärztlichen Versorgung mit hälftigem Versorgungsauftrag nach § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV zuzulassen. Der Bedarf bestehe weiterhin, Genehmigungen nach § 73 Abs. 1a Satz 3 SGB V könnten ihm als Allgemeinmediziner nach der neueren Rechtsprechung des BSG aber nicht mehr erteilt werden.
Beigefügt hatte er ein Schreiben der Beigeladenen zu 7) vom 19.01.2011, in dem diese ihm bestätigte, dass ihr Vorstand einen solchen Antrag des Klägers befürworten würde.
Unter dem 09.02.2011 sprach sich die Beigeladene zu 7) für eine solche Zulassung mit dauerhafter Bindung an G aus.
Mit Beschluss vom 23.03.2011 lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag ab mit der Begründung, dass der aktuelle Versorgungsgrad der Chirurgen im Planungsbereich P bei 167 % liege und die entsprechenden Praxen von G aus auch zumutbar erreicht werden könnten.
Gegen diesen Beschluss legte der Kläger am 21.04.2011 Widerspruch ein: Er habe auch bisher schon in erheblichem Umfang chirurgische Leistungen erbracht. Durch die hälftige chirurgische Sonderbedarfszulassung sollten künftig die Sicherstellungsgenehmigungen für den Bereich des Ambulanten Operierens sowie für die in G nur von ihm erbrachten Röntgenleistungen abgedeckt werden. Zu Unrecht gehe der Zulassungsausschuss davon aus, dass die Versicherten in G auf die Praxen anderer Chirurgen verwiesen werden könnten. Im Übrigen würde seines, des Klägers, Tätigkeit als Durchgangsarzt in Frage gestellt, wenn er sein Röntgenzubehör nur noch hierfür vorzuhalten hätte.
Die Beigeladene zu 7) schlug unter dem 28.06.2011 eine vergleichsweise Einigung zur Erteilung der beantragten Zulassung vor.
Der Beklagte fragte unter dem 27.07.2011 nach, ob der Kläger im Fall des Abschlusses eines solchen Vergleichs seinen Widerspruch gegen die Ablehnung einer weiteren Sicherstellungsgenehmigung zurücknehme. Dem stimmte der Kläger unter dem 29.07.2011 zu.
Der Beklagte ermittelte durch Einholung von Statistiken über die Personalsituation der Hausärzte im Planungsbereich und bat die zugelassenen Chirurgen um Stellungnahme.
Die Beigeladene zu 7) teilte unter dem 15.09.2011 mit, dass die chirurgischen Kollegen des Klägers der beantragten hälftigen Zulassung des Klägers einhellig zugestimmt hätten. Einige hätten dies auch schriftlich bestätigt.
Mit Beschluss vom 28.09.2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, dass ein und derselbe Arzt nicht gleichzeitig - mit jeweils hälftigem Versorgungsauftrag - an der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung teilnehmen könne. Die Trennung der beiden Versorgungsbereiche, wie sie sich aus §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 87 Abs. 2a Satz 5 SGB V ergebe und nur unter den - vorliegend nicht gegebenen Voraussetzungen des § 73 Abs. 1a SGB V durchbrochen werden könne - begegne nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Auf die tatsächliche Bedarfssituation, die der Beklagte nicht weiter ermittelt habe, komme es deshalb nicht an. Eine Umwidmung zur fachärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a Satz 5 SGB V scheide aus.
Der Beschluss wurde dem Kläger am 29.11.2011 zugestellt.
Daraufhin hat ...