Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunfts- und Heizkosten. Kosten der Warmwasserbereitung. BSG-Entscheidung vom 27.2.2008. ständige Rechtsprechung. Anwendung des § 44 SGB 10 iVm § 330 Abs 1 SGB 3
Orientierungssatz
1. Eine Rücknahme von Bewilligungsbescheiden, mit denen Pauschalen für die Warmwasserbereitung in rechtswidriger Höhe von den Heizkosten des § 22 SGB 2 abgesetzt wurden, ist nach § 44 Abs 1 SGB 10 iVm § 330 Abs 1 SGB 3 für die Zeit vor der Entscheidung des BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R (BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5) ausgeschlossen.
2. Es kommt nicht auf eine vorhergehende anderweitige Auslegung der Rechtsnormen der §§ 20 Abs 1, 22 Abs 1 SGB 2 durch die Bundesagentur für Arbeit an. Soweit sich der Arbeitsuchende hierbei auf das Urteil des BSG vom 29.6.2000 - B 11 AL 99/99 R (SozR 3-4300 § 330 Nr 1), bezieht, welches zu der Vorgängerregelung zu § 330 SGB 3, zu § 152 AFG, ergangen ist, so ist darauf hinzuweisen, dass sich diese Rechtsprechung gerade nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen lässt.
3. Die Anwendung des § 330 Abs 1 SGB 3 ist auch nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil der Arbeitsuchende das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB 10 schon vor Entstehen der ständigen Rechtsprechung eingeleitet hatte (vgl BSG vom 8.2.2007 - B 7a AL 2/06 R = SozR 4-4300 § 330 Nr 4).
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Form von Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von Januar 2005 bis Februar 2008.
Der 1951 geborene, alleinstehende Kläger bezog von der Beklagten in dem Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 29.02.2008 Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 26.11.2004 bewilligte die Beklagte für die Zeit von Januar bis März 2005 monatliche Leistungen in Höhe von 732,44 Euro, für den Monat April 2005 in Höhe von 711,94 Euro und für die Monate Mai bis Juni 2005 in Höhe von 691,44 Euro. Sie legte dabei jeweils 304,44 Euro an Kosten für Unterkunft und Heizung zugrunde, ausgehend von einer Kaltmiete von 194,80 Euro, Heizkosten von 65,00 Euro und sonstigen Nebenkosten von 44,64 Euro. Mit Bescheiden vom 12.04.2005, 25.05.2005, 09.01.2006, 13.07.2006, 21.07.2006, 12.10.2006, 11.01.2007, 26.06.2007, 29.08.2007, 20.09.2007, 08.10.2007 und 21.01.2008 bewilligte die Beklagte für die Monate Juli 2005 bis Februar 2008 und darüber hinausgehend weiter Leistungen, wobei sie für die Zeit bis zum 31.07.2006 von den gleichen Kosten für Unterkunft und Heizung wie in dem Zeitraum bis Juni 2006 ausging, in dem Zeitraum vom 01.08.2006 bis zum 31.10.2006 von Heizkosten in Höhe von 50,84 Euro und für den Zeitraum vom 01.11.2006 bis zum 30.09.2006 von Heizkosten in Höhe von 56,58 Euro. Ab dem 01.10.2007 bezog der Kläger eine andere Wohnung im gleichen Haus. Für Oktober 2007 ging die Beklagte von einer Kaltmiete von 220,60 Euro, Heizkosten von 56,58 Euro und Nebenkosten von 30,00 Euro, für November 2007 von Heizkosten von 23,48 Euro und für die Zeit vom 01.12.2007 bis zum 29.02.2008 von Heizkosten von 46,74 Euro aus. Die Kosten der Warmwasserbereitung berücksichtigte die Beklagte für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum mit einem Abschlag von 18 % der Heizkosten. Die Warmwasseraufbereitung erfolgte über die mit Erdgas betriebene Heizanlage. Die Rechnungen des Gas- und Stromversorgers weisen hierfür keinen gesonderten Verbrauch aus.
Am 22. und 23.04.2008 legte der Kläger gegen sämtliche Bewilligungsbescheide der Beklagten unter Hinweis auf ein Urteil des Landessozialgerichts Chemnitz (L 3 AS 101/06) Widerspruch ein, weil die Pauschale für das Warmwasser zu Unrecht abgezogen worden sei. Zugleich beantragte er ausdrücklich eine Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 29.08.2007 nach § 44 SGB X (Bewilligungszeitraum August 2007 bis Januar 2008).
Mit Bescheid vom 05.05.2008 lehnte die Beklagte eine Aufhebung nach § 44 SGB X ab, da der Bescheid vom 29.08.2007 nicht zu beanstanden sei. Nach Eingang weiterer Unterlagen zur Festsetzung der Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung für das Jahr 2007 und einem Weiterbewilligungsantrag des Klägers gab die Beklagte mit Bescheid vom 31.07.2008 dem Überprüfungsantrag des Klägers für die Zeit ab dem 01.03.2008 unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 27.02.2008, B 14/11b AS 15/07 R, statt, lehnte jedoch eine Aufhebung der Bewilligungsbescheide für den vorhergehenden Zeitraum ab. Grundlage für den Pauschalabzug von 18 % sei § 9 Abs. 2 S. 5 der Heizkostenverordnung vom 23.02.1981 in der jeweils gültigen Fassung gewesen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 13.09.1988, 8 A 1239/86) sei die Festsetzung der Heizkosten bi...