Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Abwrack- bzw Umweltprämie. zweckbestimmte Einnahme
Orientierungssatz
1. Die "Abwrackprämie" ist als zweckbestimmte Einnahme nicht als Einkommen auf die Ansprüche nach dem SGB 2 anzurechnen.
2. Das Gericht schließt sich in vollem Umfang den Ausführungen des LSG Halle vom 22.9.2009 - L 2 AS 315/09 B ER an.
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung Klage des Antragstellers gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 15.09.2009, 16.09.2009 und 15.10.2009 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für den Zeitraum 01.10.2009 bis 31.01.2010 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 367 € zu zahlen
II. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Kürzung seiner Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) wegen der Anrechnung der sogenannten “Abwrackprämie„.
Der am 1962 geborene Antragsteller beantragte erstmals am 03.01.2005 Arbeitslosengeld II. Zuletzt beantragte er am 23.06.2009 die Weiterbewilligung der Leistungen. Die Antragsgegnerin bewilligte ihm mit Bescheid vom 18.08.2009 für den Zeitraum 01.08.2009 bis 31.01.2010 monatlich 329,08 €. Dabei berücksichtigte sie Kosten der Unterkunft und Heizung für das vom Antragsteller und seiner Mutter bewohnte Eigenheim in Höhe von monatlich 135,04 € sowie eine monatliche Zahlung der Mutter an den Antragsteller für die Wohnkosten in Höhe von 300 €, wovon sie die auf die Mutter des Antragstellers entfallenden weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 135,04 € abzog. Der Antragsteller erhob am 28.08.2009 Widerspruch.
Der Antragsteller bestellte am 03.04.2009 ein Auto Dacia Sandero für 7.500 € zuzüglich Kosten der Überführung, Zulassung und Feinstaubplakette in Höhe von 625 €, insgesamt also 8.125 €. Den Kaufpreis finanzierte er über einen Darlehensvertrag mit der R. Bank ohne Anzahlung, der mit 60 Monatsraten à 175,98 € ab 05.05.2009 zu tilgen ist. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bewilligte dem Antragsteller mit Zuwendungsbescheid vom 02.07.2009 die “Abwrackprämie„ in Höhe von 2.500 €, die dem Antragsteller am 21.08.2009 ausgezahlt wurde.
Mit Änderungsbescheiden vom 15.09.2009, 16.09.2009 und 15.10.2009 änderte die Antragsgegnerin die bewilligten Leistungen und gewährte dem Antragsteller zuletzt für den Zeitraum 01.08.2009 bis 30.09.2009 monatlich 360,62 €, für Oktober 2009 3,46 € und für den Zeitraum 01.11.2009 bis 31.01.2010 monatlich 3,48 €. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009 wies sie den Widerspruch zurück.
Am 02.11.2009 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben, die unter dem Az. S 10 AS 5448/09 geführt wird und über die noch nicht entschieden ist, sowie einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Die “Abwrackprämie„ sei nicht als Einkommen anzurechnen. Sie sei grundsätzlich jedem zu gewähren und nicht an eine Bedürftigkeit des Antragstellers geknüpft. Es sei nicht zu erkennen, wieso ein Millionär gegenüber einem Arbeitslosengeld II-Empfänger bevorzugt werden solle. Das gekaufte Auto sei ein angemessenes Kfz im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II. Der Antragsteller wende die “Abwrackprämie„ zur Tilgung der monatlichen Kreditraten des Darlehens auf. Die “Abwrackprämie„ sei vergleichbar mit der Eigenheimzulage.
Der Antragsteller beantragt:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, einstweilen dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung der Umweltprämie (2.500 €) zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die “Abwrackprämie„ sei eine einmalige Einnahme, die die Lage des Antragstellers so günstig beeinflusse, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte S 10 AS 5448/09 und der vom Antragsgegner vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist begründet. Der Antrag war zweckentsprechend als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage auszulegen. Wegen Fehlern in der Leistungsberechnung im Ausgangsbescheid vom 18.08.2009 war zudem zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes eine einstweilige Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu erlassen.
Nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nach § 86 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Ein solcher Fall liegt hier vor, da nach § 39 Nr. 1 SGB II Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet keine aufschiebende Wirkung haben. Es handelt sich bei den angefochtenen Bescheiden um Verwaltungsakte, die über Leistu...