Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für ausländische Staatsangehörige. Aufenthaltszweck der Arbeitsuche. Wiedereinreise des Unionsbürgers. zusätzlicher anderer Aufenthaltszweck
Leitsatz (amtlich)
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Kläger auf Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin zu 1 hat sich gegenüber dem Jugendamt Dresden und der Polizei verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland nicht zu verlassen, bevor die Frage, ob sie die Mutter des Antragstellers zu 2 ist, geklärt ist.
Orientierungssatz
1. Der Anwendungsbereich des § 7 Abs 1 S 2 SGB 2 in der ab 1.4.2006 geltenden Fassung ist unter Beachtung richtlinienkonformer Auslegung mit der Maßgabe teleologisch zu reduzieren, dass nur Ausländer, die erstmalig ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zum Zwecke der Arbeitsuche begründen, von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen sind (vgl SG Osnabrück vom 27.4.2006 - S 22 AS 263/06 ER = info also 2006, 224).
2. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 2 greift daher bei Wiedereinreise nicht. Er greift ebenfalls nicht, wenn neben dem Aufenthalt zur Arbeitsuche ein anderer Aufenthaltszweck vorliegt (vgl LSG Celle-Bremen vom 14.9.2006 - L 6 AS 376/06 ER = NZS 2007, 431).
Tenor
I. Der Antragsteller zu 2. wird für dieses Verfahren nach § 71 Abs. 6 SGG i.V.m. § 56 Abs. 2 ZPO zugelassen.
II. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab dem 26. Februar 2009 vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch bis zum 31.08.2009, Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 767,52 EUR zu gewähren.
III. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die am … 1976 geborene Antragstellerin zu 1. mit portugiesischer Staatsangehörigkeit reiste erstmalig im Januar 2007 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie erhielt unter dem 24.04.2007 eine Bescheinigung gemäß § 5 FreizügG/EU und war zunächst ganztags beschäftigt. Ab Oktober 2007 war sie nur noch geringfügig beschäftigt und beantragte am 29.01.2008 Leistungen nach dem SGB II. Diese wurden ihr für den Zeitraum vom 29.01.2008 bis 31.07.2008 gewährt. In der Folgezeit besuchte die Klägerin auch einen Integrationskurs. Nachdem sie schwanger geworden war wurde ihr am 30.07.2008 gekündigt. In der Folgezeit bewilligte die Antragsgegnerin die Fortzahlung der Leistungen und gewährte einen Schwangerschaftsmehrbedarf.
Am 10.2008 wurde der Antragsteller zu 2. geboren, als dessen Mutter in der Geburtsurkunde auf deren Betreiben Frau C eingetragen wurde.
Am 17.12.2008 reiste die Antragstellerin nach Portugal, von wo sie am 04.01.2009 nach Deutschland zurückkehrte.
In der Folgezeit kam es wegen des Antragstellers zu 2. zu einer Streitigkeit mit Frau C, die geltend macht, dessen Mutter zu sein. Das Jugendamt der Stadt Dresden bestimmte letztendlich, dass der Antragsteller zu 2. bei der Antragstellerin zu 1. verbleibt. Das Jugendamt Dresden schloss in diesem Zusammenhang mit der Antragstellerin zu 1. am 12.02.2009 eine Vereinbarung, nach der sich diese verpflichtete, die Bundesrepublik Deutschland nicht mit dem Antragsteller zu 2. zu verlassen.
Mit Bescheid vom 18.02.2009 lehnte die Antragsgegnerin den Fortzahlungsantrag der Antragstellerin mit der Begründung ab, diese sei zur Arbeitssuche eingereist. Hiergegen legte die Antragstellerin zu 1. Widerspruch ein, der noch nicht beschieden wurde.
Die Antragsteller leben derzeit in der ca. 73 m² großen Wohnung der Zeugin S, die dort mit ihren beiden 11 und 13 Jahre alten Kindern lebt. Die Zeugin S zahlt hierfür 370,00 EUR Kaltmiete und Betriebskosten in Höhe von 170,00 EUR.
Die Antragstellerin zu 1. behauptet, Mutter des Antragstellers zu 2. zu sein.
Sie ist der Auffassung, inzwischen den Status einer Arbeitnehmerin erlangt zu haben, weshalb die Antragsgegnerin die Leistung nicht mit der Begründung verweigern dürfe, die Einreise sei zur Arbeitsuche erfolgt.
Die Antragstellerin beantragt:
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern als Bedarfsgemeinschaft vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen.
2. Der Antragsteller zu 2. wird für dieses Verfahren nach § 71 Abs. 6 SGG i.V.m. § 56 Abs. 2 ZPO einstweilig zugelassen.
Die Antragsgegnerin beantragt:
Der Antrag wird abgelehnt.
Sie macht geltend, die Antragsteller hätten keinen Leistungsanspruch, da die Antragstellerin zu 1. zwar Arbeitsuche eingereist sei.
Das Gericht hat die Leistungsakte der Antragsgegnerin beigezogen.
Das Gericht hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 19.03.2009 erörtert und Beweis erhoben, durch persönliche Anhörung der Antragstellerin sowie zeugenschaftliche Einvernahme der Frau S.. Auf das P...