Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswertfestsetzung. vertrags(zahn)ärztlich Zulassungsstreitigkeit
Orientierungssatz
Speziell in vertrags(zahn)ärztlichen Zulassungsstreitigkeiten wird der Gegenstandswert regelmäßig anhand der Netto-Einnahmen (dh der Gewinne), die der Zahnarzt innerhalb einer längeren Zeitspanne aus seiner beruflichen Tätigkeit voraussichtlich erzielen kann, berechnet (vgl BSG Beschluss vom 21.3.1997 - 6 RKa 29/95). Entscheidend sind dabei die Verhältnisse bei Klageerhebung. Geht es um die Entziehung einer Zulassung, sind die voraussichtlichen Gewinne für einen Zeitraum von fünf Jahren abzuschätzen.
Tatbestand
Die Antragstellerin (As) vertrat den Antragsgegner zu 2. (Ag 2) als Prozessbevollmächtigte in dem zugrundeliegenden Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer Entziehung der vertragszahnärztlichen Zulassung des Ag 2. Die Kammer hat der am 06.02.1996 erhobenen Anfechtungsklage durch bestandskräftig gewordenes Urteil vom 25.11.1998 stattgegeben und den Antragsgegner zu 1. (Ag 1) dazu verurteilt, dem Ag 2 dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten. Der Ag 2 hatte seine Praxistätigkeit als niedergelassener Mund-Kiefer-Gesichtschirurg zum 01.07.1995 in vollem Umfang aufgenommen.
In der mündlichen Verhandlung und erneut mit Schriftsatz vom 14.06.1999 beantragte die As “Streitwertfestsetzung„. Der zur Kostenerstattung verpflichtete Ag 2 erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme; eine Äußerung erfolgte nicht. Lediglich die beigeladene KZVS führte im Schreiben vom 08.12.1998 aus, dass der Gegenstandswert bei Hochrechnung der Ist-Einnahmen des Jahres 1996 auf 131.734,25 DM festzusetzen sei.
Entscheidungsgründe
Der Antrag der Prozessbevollmächtigten auf Gegenstandswertfestsetzung ist zulässig (§ 116 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 und 2, § 16 Satz 1 BRAGO). Insbesondere kann ohne weitere Nachforschungen davon ausgegangen werden, dass ein Rechtsschutzinteresse für eine gerichtliche Festsetzung des Gegenstandswertes (d.h. Meinungsverschiedenheiten zwischen dem kostenpflichtigen Ag 1 und der As über den der Erstattung zugrunde zu legenden Betrag, vgl. § 18 Abs. 2 BRAGO) besteht. Zwar fehlen entsprechende Darlegungen im Schriftsatz vom 14.06.1999. Doch darf wegen des Umstands, dass die As selbst Vorsitzende eines Berufungsausschusses ist, angenommen werden, dass von ihr bloß routinemäßige Anträge auf Gegenstandswertfestsetzung ohne echten Streitentscheidungsbedarf nicht gestellt bzw. jedenfalls nach Ablauf eines halben Jahres nicht wiederholt werden.
Der Gegenstandswert ist nach billigem Ermessen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO) nach Maßgabe der Bedeutung bzw. des wirtschaftlichen Interesses, welche die mit der Klage erstrebte Entscheidung für den Ag 2 hatte, zu bemessen. Speziell in vertrags(zahn)ärztlichen Zulassungsstreitigkeiten wird der Gegenstandswert regelmäßig anhand der Netto-Einnahmen (d.h. der Gewinne), die der Zahnarzt innerhalb einer längeren Zeitspanne aus seiner beruflichen Tätigkeit voraussichtlich erzielen kann, berechnet (vgl. BSG, Beschluss vom 21.03.1997, 6 RKa 29/95). Dabei sind die Verhältnisse bei Klageerhebung entscheidend (vgl. § 4 Abs. 1 ZPO). Da es vorliegend um die Entziehung einer Zulassung ging, sind die voraussichtlichen Gewinne für einen Zeitraum von fünf Jahren abzuschätzen.
Nach einer von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung durchgeführten Erhebung betrug im Jahr 1996 der durchschnittliche steuerliche Einnahmen-Über-schuss je Praxisinhaber aus selbständiger zahnärztlicher Tätigkeit in den neuen Bundesländern 164.054 DM (vgl. Tabelle 5.1 im KZBV Jahrbuch 98, Seite 114). Dieser mit fünf vervielfältigte Betrag ergibt den festgesetzten Gegenstandswert von 820.270,- DM.
Der von der KZVS in ihrer Stellungnahme errechnete Wert von 131.734,25 DM ist dagegen nicht zutreffend. Zum einen wurde hier offensichtlich nur der Wert für das Quartal IV/96 (52.693,70 DM) hochgerechnet und die Einnahmen der drei anderen Quartale des Jahres 1996 vergessen. Zum anderen sind bei den angegebenen Werten nur die über die KZVS vereinnahmten Beträge enthalten, während der im zahnärztlichen Bereich bedeutsame Anteil an direkt erhobenen Einnahmen fehlt (vgl. Tabelle 5.12 im KZBV Jahrbuch 98). Schließlich ist die in jener Rechnung zugrunde gelegte Kostenquote von 50 v.H. viel zu gering (laut Tabelle 5.12 aaO betrug er im Jahr 1996 in den neuen Ländern 69,1 v.H.). Da zudem auf die voraussichtlichen Gewinne bei Klageerhebung abzustellen ist, sind die tatsächlich später erzielten Gewinne ohnehin nicht maßgeblich.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei (§ 10 Abs. 2 Sätze 4 und 5 BRAGO).
Fundstellen