Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB 5. Anwendbarkeit der Neuregelung des § 17c Abs 4b S 3 KHG. keine Versagung des Anspruchs auf Rechtsgewährung
Orientierungssatz
1. Die Anwendbarkeit der Neuregelung des § 17c Abs 4b S 3 KHG beschränkt sich nicht auf Krankenhausfälle, in denen der Patient erst ab dem 1.8.2013 aufgenommen wurde (vgl BSG vom 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R = SozR 4-2500 § 275 Nr 4 zur Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB 5), sondern ist als Verfahrensregelung für alle Gerichtsverfahren zu beachten, die ab dem 1.8.2013 anhängig werden.
2. Eine mit Artikel 19 Abs 4 GG unvereinbare Versagung des Anspruchs auf Rechtsgewährung kann darin nicht gesehen werden, weil die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen und die Landeskrankenhausgesellschaft, deren Handeln die Beteiligten kraft ihrer Verbandszugehörigkeit für und gegen sich gelten lassen müssen, es in der Hand haben, durch die zügige Umsetzung des gesetzlichen Auftrags aus § 17c Abs 4 KHG die Einrichtung der Schlichtungsstellen zu befördern und so die Voraussetzungen für den Zugang der Beteiligten zu den Gerichten im Rahme einer Sachentscheidung herbeizuführen.
Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Gründe
Das Klageverfahren ist gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens nach § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG auszusetzen.
Gemäß § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG in der Fassung des am 01.08.2013 in Kraft getretenen Artikel 5c Nr. 2 Buchst. e des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung ist bei Klagen, mit denen nach Durchführung einer Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs. 1c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch eine streitig gebliebene Vergütung gefordert wird, vor der Klageerhebung das Schlichtungsverfahren nach § 17c Abs. 4 KHG durchzuführen, wenn der Wert der Forderung 2.000 Euro nicht übersteigt.
Die Anwendbarkeit der Neuregelung beschränkt sich nicht auf Krankenhausfälle, in denen der Patient erst ab dem 01.08.2013 aufgenommen wurde (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.06.2010, Az. B 1 KR 29/09 R, zur Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V), sondern ist als Verfahrensregelung für alle Gerichtsverfahren zu beachten, die ab dem 01.08.2013 anhängig werden.
Grundsätzlich ist eine Klage, die eine Abrechnungsprüfung mit Rechnungskorrektur bis 2.000 EUR betrifft, vor Durchlaufen des Schlichtungsverfahrens noch keiner Sachentscheidung zugänglich. Die Verfahrenslage gleicht insoweit der Erhebung einer Anfechtungsklage vor Abschluss des Vorverfahrens; die Klage ist nicht als (derzeit) unzulässig abzuweisen.
Allerdings haben die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Landeskrankenhausgesellschaft die Schlichtungsausschüsse noch nicht gemäß § 17c Abs. 4 Satz 4 und 5 KHG eingerichtet. Das Gericht ist sich mit Blick auf Artikel 19 Abs. 4 GG der Problematik bewusst, die Klägerin vor Zulassung zur gerichtlichen Sachentscheidung auf einen Rechtsbehelf zu verweisen, der faktisch (noch) nicht in Anspruch genommen werden kann.
Andererseits wird derzeit noch keine dringende Veranlassung gesehen, entgegen dem Anliegen des Gesetzgebers, die Modalitäten der Konfliktlösung stärker in die Eigenverantwortung der Vertragspartner zu legen und die Sozialgerichte zu entlasten (Deutscher Bundestag, Drucksache 17/13947, S. 37 und 40), bereits jetzt in eine Sachprüfung einzutreten. Das Gericht geht bislang davon aus, dass es den Vertragspartnern auf Landesebene gelingen wird, die Schlichtungsausschüsse gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag in absehbarer Zeit einzurichten.
Bis dahin kann den Beteiligten eine gewisse Wartefrist zugemutet werden. Eine wesentliche Verschlechterung der Beweislage ist durch den Zeitablauf nicht zu erwarten, da eine Überprüfung des Abrechnungsfalles sowohl vor dem Schlichtungsausschuss wie auch im gerichtlichen Verfahren in der Regel ohnehin nach Aktenlage auf Grundlage der Behandlungsdokumentation erfolgt.
Eine mit Artikel 19 Abs. 4 GG unvereinbare Versagung des Anspruchs auf Rechtsgewährung kann darin nicht gesehen werden, weil die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen und die Landeskrankenhausgesellschaft, deren Handeln die Beteiligten kraft ihrer Verbandszugehörigkeit für und gegen sich gelten lassen müssen, es in der Hand haben, durch die zügige Umsetzung des gesetzlichen Auftrags aus § 17c Abs. 4 KHG die Einrichtung der Schlichtungsstellen zu befördern und so die Voraussetzungen für den Zugang der Beteiligten zu den Gerichten im Rahme einer Sachentscheidung herbeizuführen.
Gegenwärtige Bestrebungen des Spitzenverbandes Bund und der Deutschen Krankenhausgesellschaft, auf eine Änderung der Gesetzeslage hinzuwirken, sind insoweit ohne Relevanz. Verzögerungen gehen allein zu Lasten der Beteiligten, die sich das Verhalten der Vertragspartner auf Bundesebene ebenfalls kraft Verbandszugehörigkeit zurechnen lassen müssen. Das gesetzgeberische Anliegen, die Sozialgerichte zu...