Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Schlichtungsverfahren. keine Befreiung durch unsubstantiierte und rechtsmissbräuchliche Erhöhung der Klageforderung auf mehr als 2.000 €. keine Sachentscheidung vor Durchführung des Schlichtungsverfahrens. Aussetzung des Klageverfahrens. keine Entscheidung über Nichtanwendung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 17c Abs 4 S 3 KHG durch Sozialgericht

 

Leitsatz (amtlich)

1. In einem gerichtlichen Verfahren, das dem Anwendungsbereich des § 17c Abs 4b S 3 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) unterfällt, befreit die unsubstantiierte und rechtsmissbräuchliche Erhöhung der Klageforderung auf mehr als 2.000 € nicht von der Durchführung des Schlichtungsverfahrens nach § 17c Abs 4 KHG.

2. a) Eine Klage, die dem Anwendungsbereich des § 17c Abs 4b S 3 KHG unterfällt, ist vor Durchführung des Schlichtungsverfahrens einer Sachentscheidung - jedenfalls derzeit - nicht zugänglich. Dies gilt unabhängig davon, ob der für das Land Brandenburg zu § 17c KHG aF früher gebildete Schlichtungsausschuss fortbesteht und daher richtiger Adressat eines Schlichtungsbegehrens wäre oder ob dieser Schlichtungsausschuss wegen der Neufassung von § 17c KHG durch das Gesetz vom 15.7.2013 (BGBl I 2013, 2423) nunmehr inhaltlich anders ausgerichtet und in Folge dessen nicht zu Entscheidungen gemäß § 17c Abs 4 KHG berufen ist.

b) Ein solches Klageverfahren ist aus Rechtsschutzgründen (Art 19 Abs 4 GG) zur Nachholung des Schlichtungsverfahrens auszusetzen (§ 114 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz analog).

c) Es bedarf derzeit keiner Entscheidung, ob die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 17c Abs 4b S 3 KHG durch das Sozialgericht nicht angewendet werden darf, ohne dass das Bundesverfassungsgericht die Norm für nichtig oder unanwendbar erklärt hat (Art 100 Abs 1 GG).

 

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

 

Gründe

Das Klageverfahren wird zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens nach § 17c Abs. 4b Satz 3 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) ausgesetzt (§ 114 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz analog).

Gemäß § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG in der Fassung vom 1. August 2013 ist bei Klagen, mit denen nach Durchführung einer Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs. 1c Fünftes Buch des Sozialgesetzbuchs eine streitig gebliebene Vergütung gefordert wird, vor der Klageerhebung das Schlichtungsverfahren nach § 17c Abs. 4 KHG durchzuführen, wenn der Wert der Forderung 2.000 EUR nicht übersteigt. Dies ist vorliegend der Fall.

1. Zwar hat die Klägerin mit ihrer Klage einen Betrag in Höhe von 2.001,00 EUR eingeklagt. Werden aber - wie hier - in unsubstantiierter und rechtsmissbräuchlicher Weise Klageforderungen auf mehr als 2.000 EUR erhöht, um gesetzlich vorgeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzungen zu umgehen, befreit dies nicht von der Durchführung des Schlichtungsverfahrens nach § 17c Abs. 4 KHG (vgl. zur rechtsmissbräuchlichen Vermeidung des Schlichtungsverfahrens nach § 15a Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung: Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, 22. Auflage 2013, Rn. 6 zu § 15a; Bitter, NJW 2005, 1235; Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. Juli 2009 - VI ZR 278/08 - [juris]).

Die Durchführung des Schlichtungsverfahrens als Zulässigkeitsvoraussetzungen steht nicht zur Disposition der Beteiligten und ist auch nicht aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes entbehrlich. Durch die Einführung des Schlichtungsverfahrens verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Gerichte zu entlasten (BT-Drs. 17/13947, S. 40). Zudem geht er von einer kostengünstigeren Konfliktbereinigung aus. Durch die unsubstantiierte und letztlich rechtsgrundlose Geltendmachung eines 2.000 EUR übersteigenden Betrags würden diese Bestrebungen umgangen werden. Für die klageweise Geltendmachung eines den bisher nicht ausgeglichenen Rechnungsbetrag übersteigenden Betrags als Hauptforderung ist dem Beteiligtenvorbringen ein plausibler Grund nicht zu entnehmen. Die zwischen den Beteiligten im Streit stehende Vergütungsforderung beläuft sich nur auf den Differenzbetrag zwischen dem Rechnungsbetrag und dem durch die Beklagte gezahlten Teilbetrag. Andere rechtliche oder tatsächliche Gründe, aus denen sich ein weitergehender Anspruch ergeben könnte, hat die Klägerin nicht mitgeteilt. Sie sind auch nicht ersichtlich.

2. Eine Klage, die eine Abrechnungsprüfung mit Rechnungskorrektur bis 2.000 EUR betrifft, ist vor Durchführung des Schlichtungsverfahrens einer Sachentscheidung - jedenfalls derzeit - nicht zugänglich. Dies gilt unabhängig davon, ob der für das Land Brandenburg zu § 17c KHG a. F. früher gebildete Schlichtungsausschuss fortbesteht und daher richtiger Adressat eines Schlichtungsbegehrens wäre oder ob dieser Schlichtungsausschuss wegen der Neufassung von § 17c KHG durch das Gesetz vom 15. Juli 2013 (BGBl I S. 2423) nunmehr inhaltlich anders ausgerichtet und in Folge dessen nicht zu Entscheidungen gemäß § 17c Abs. 4 KHG berufen ist (vgl. Sozialgericht Berlin, Urteil vom 25. März 2014 - S 182 KR 2450/13 - [juris]). Denn es ist weder für die Beteiligten noch für das Gericht erke...

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