Leitsatz (amtlich)
1. Die Führung eines eigenen Haushalts für mehrere Personen erfordert eine hauswirtschaftliche Tätigkeit von erheblichem Umfang, welche die beständige Sorge für andere Personen in demselben Haushalt mit umfasst und daher über die von jedem alleinstehenden Menschen ohnehin zu erbringende Haushaltsführung für sich selbst deutlich hinausgeht.
2. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn sich zwei in einem Haushalt lebende erwachsene Personen die Aufgaben der hauswirtschaftlichen Versorgung gleichberechtigt und prinzipiell gleichgewichtig untereinander aufteilen.
3. Die hauswirtschaftliche Betreuung einer weiteren Person, die in einer eigenen Wohnung in einer Entfernung von ca. 250 Metern wohnt, kann bei der Beurteilung des Führens eines eigenen Haushalts für mehrere Personen keine Berücksichtigung finden.
Tenor
Die Entschädigung des Antragstellers für seine Teilnahme als ehrenamtlicher Richter an den Sitzungen des Sozialgerichts Dresden wird wie folgt festgesetzt:
- Sitzung 7. Kammer am 12.09.2002: 41,40 €
- Sitzung 2. Kammer am 28.11.2002: 30,60 €
- Sitzung 8. Kammer am 23.01.2003: 37,80 €
Gründe
I.
Der 63 Jahre alte Antragsteller (As) nahm am 12.09.2002 an der Sitzung der 7. Kammer des Sozialgerichts Dresden als ehrenamtlicher Richter aus Kreisen der Versicherten teil. Er bezieht seit 01.06.2002 Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zudem ist er als Betreuer für seinen schwerbehinderten Sohn tätig.
Der As beantragte noch am 12.09.2002 die Festsetzung seiner Entschädigung unter Berücksichtigung einer Haushaltsführung für mehrere Personen. Die Kostenbeamtin setzte am 18.09.2002 die Entschädigung unter Zugrundelegung einer zehn Stunden dauernden Zeitversäumnis, einer Haushaltsführerentschädigung für acht Stunden (à 9,-- €) und der Fahrtkosten (PKW) auf 113,40 € fest.
Im Rahmen einer Kostenprüfung beanstandete der Bezirksrevisor diese Festsetzung und beantragte mit Schreiben vom 17.02.2003 die richterliche Festsetzung der Entschädigung auf 41,40 €, d.h. ohne die Haushaltsführerentschädigung. Diese stehe dem As nicht zu, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass der As ausgerechnet während der Zeit der Hinzuziehung für die Sitzung hätte Haushaltstätigkeiten nachgehen müssen. Durch die im Regelfall lediglich etwa viermalige Hinzuziehung zu sozialgerichtlichen Sitzungen pro Jahr sei eine Beeinträchtigung der Haushaltsführung nicht zu befürchten. Im Übrigen sei auch die Ehefrau des As gemäß § 1360 BGB gleichrangig zur Haushaltsführung verpflichtet. Schließlich sei unwahrscheinlich, dass die Haushaltstätigkeit des As pro Tag acht oder zehn Stunden umfasse.
Der As wurde gehört. Er verwies mit Schreiben vom 14.03.2003 darauf, dass er bereits am 14.11.2001 ausführlich zur Haushaltsführung Stellung genommen habe. Insbesondere sei seine Ehefrau linksseitig erblindet und beziehe selbst Erwerbsunfähigkeitsrente. Sein Sohn sei aufgrund einer psychischen Erkrankung schwerbehindert (GdB 100 mit Merkzeichen H, B, G und RF) und pflegebedürftig (Pflegestufe I) und beziehe ebenfalls eine unbefristete Erwerbsunfähigkeitsrente; er werde in allen Lebenslagen von ihm betreut. Im Rahmen der wohnortnahen Betreuung seines Sohnes falle täglich ein Betreuungsaufwand von mehr als 10 Stunden an.
In seiner Stellungnahme vom 20.03.2003 teilte der Bezirksrevisor mit, dass die vom As aufgeführten Umstände keine andere Beurteilung rechtfertigten. Der Pflegeaufwand für den Sohn werde durch das Pflegegeld abgegolten. Im Übrigen wurde der Antrag auf richterliche Festsetzung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit auch auf die Entschädigungen für die Teilnahme des As an den Sitzungen vom 28.11.2002 und vom 23.01.2003 erweitert. Diesbezüglich hatte die Kostenbeamtin jeweils - entsprechend den Grundsätzen des zwischenzeitlich ergangenen Beschlusses der Kammer vom 15.10.2002 (Az.: S 1 AR 57/02 - JURIS) - eine täglich notwendige Haushaltsführung von sechs Stunden zugrunde gelegt und gemäß der jeweiligen Dauer der Hinzuziehung eine Haushaltsführerentschädigung für drei (28.11.2002) bzw. für fünf (23.01.2003) Stunden bewilligt.
In einem Beweisaufnahmetermin wurde am 23.04.2003 die Ehefrau des As als Zeugin zum Umfang ihrer und des As Haushaltstätigkeit vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift (Bl. 26 ff. der Akte) Bezug genommen. Hierzu hat der Bezirksrevisor nochmals mit Schriftsatz vom 30.04.2003 Stellung genommen und das bisherige Vorbringen im Wesentlichen wiederholt.
II.
Für die richterliche Festsetzung der Entschädigung des ehrenamtlichen Richters ist nach § 12 Abs. 1 Satz 2 EhrRiEG das Sozialgericht Dresden und hier gemäß Abschnitt B des Geschäftsverteilungsplans A für das Jahr 2003 die 1. Kammer zuständig. Sie entscheidet ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 12 Abs. 3 EhrRiEG).
Zu entscheiden ist vorliegend allein die Frage, ob dem As bei der Heranziehung zu den Sitzungen des Sozialgerichts eine Haushaltsführer-Entschädigung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 EhrRiEG zusteht. Die übrig...