Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. abweichende Leistungserbringung. Darlehen. Prüfungsgebühren an einer Privatschule. nicht vom Regelbedarf umfasst. keine Erhöhung des Regelbedarfs. Unentgeltlichkeit des Unterrichts an öffentlichen Schulen. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Schulgebühren für den Besuch einer Privatschule sind nicht vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst und fließen in die Berechnung des Regelsatzes nicht ein (vgl SG Berlin vom 12.6.2012 - S 172 AS 3565/11, LSG Berlin-Potsdam vom 23.10.2006 - L 19 B 599/06 AS ER und LSG Celle-Bremen vom 28.4.2005 - L 8 AS 57/05 ER = FEVS 56, 503). Die Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs 1 SGB 2 kommt daher zur Deckung solcher Kosten nicht in Betracht.

2. Es besteht auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten kein Anspruch auf "Erhöhung" des Regelbedarfs. Der Bedarf an Schulbildung wird in Sachsen durch öffentliche Regelschulen und die Lernmittelfreiheit ausreichend gedeckt.

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin sind durch den Antragsgegner nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom Antragsgegner die Zahlung von 970,- € für ihre Prüfungsgebühren an der D. I. S..

Die 1996 geborene Antragstellerin wohnt bei ihrem Vater. Dieser erhält fortlaufend Leistungen nach dem SGB II für den Regelbedarf. Wohnkosten finden keine Berücksichtigung, da für die Bedarfsgemeinschaft ein ständiges mietfreies Wohnrecht in dem der Mutter der Antragstellerin gehörenden Mehrfamilienhaus besteht. Die Antragstellerin selbst erhält keine eigenen Leistungen nach dem SGB II, weil sie ihren (Regel-)Bedarf durch das Einkommen aus Kindergeld und Unterhaltszahlungen der Mutter decken kann.

Nach dem Vortrag der Antragstellerin, der auch nach gerichtlicher Aufforderung nicht präzisiert wurde, besucht die Antragstellerin die "D. I. S." in einer der höheren Klassen. Für Prüfungsgebühren der Antragstellerin, die wohl dem "Abitur" (die D. I. S. bietet indessen den Erwerb des Schulabschlusses "deutsches Abitur" nicht an) zuzuordnen seien, stellte die Schule in einem an den Vater der Antragstellerin gerichteten Schreiben vom 12.2.2014 insgesamt 970,- €, zahlbar bis 10.4.2014 in Rechnung.

Mit Bescheid vom 19.3.2014 ebenfalls gerichtet an den Vater der Antragstellerin lehnte der Antragsgegner das Begehren des Vaters vom 14.3.2014 auf Übernahme der Prüfungsgebühren für die Tochter ab. Die Prüfungsgebühren seien nicht vom Regelbedarf als Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasst. Deswegen komme die Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II nicht in Betracht. Der Widerspruch des Vaters der Antragstellerin vom 20.3.2014 ist nach Aktenlage noch nicht beschieden.

Die Antragstellerin hat, vertreten ausschließlich durch den Vater, der trotz Aufforderung des Gerichtes sein alleiniges Sorgerecht nicht nachgewiesen hat, am 20.3.2014 beim Sozialgericht Dresden um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie trägt vor, dass die Abiturprüfungen im April/Mai 2014 stattfinden würden. Der Antrag auf Milderung oder Erlass der Gebühren, die hierfür zu entrichten seien, sei mit der Begründung abgelehnt worden, dass es sich um externe Kosten handle. Die Antragstellerin sei schon "in früherer Zeit durch verschiedene Vorkommnisse in psychiatrischer Therapie gewesen. Durch die Ungewissheit, ob sie an den Prüfungen teilnehmen könne, werde der psychische Druck wieder verstärkt."

Der Antragsgegner tritt dem Begehren entgegen. Es fehle bereits an einem Anordnungsanspruch. Der Bedarf an Schulbildung sei durch die unentgeltlichen öffentlichen Regelschulen ausreichend gedeckt. Es bestehe jedenfalls keine zwingende Notwendigkeit einer Beschulung und Prüfungsabnahme an einer kostenpflichtigen Privatschule. Im Übrigen würden die hier anstehenden kostenpflichtigen Prüfungstermine die Antragstellerin und ihren Vater auch nicht plötzlich und unvorbereitet treffen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.

II.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auf Antrag schon vor Klageerhebung (§ 86b Abs. 3 SGG) eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der geltend gemachte materielle Rechtsanspruch (Anordnungs...

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