Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Studenten. Bezug von Ausbildungsförderung. Unterkunftskostenzuschuss. keine Übernahme von Umzugskosten

 

Orientierungssatz

Umzugskosten sind kein Unterkunftsbedarf iS von § 27 Abs 3 S 1 SGB 2.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Bewilligung von Umzugskosten an einen BAföG-berechtigten Studenten als Unterkunftsbedarf nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II).

Der Kläger studiert an einer privaten Hochschule und zahlt ein monatliches Ausbildungsgeld von 175,00 €. Zur Finanzierung des Studiums hat er ein Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau aufgenommen. Zudem erhält er monatliche Leistungen nach dem BAföG von 465,00 €.

Der Kläger bewohnte zunächst ein WG-Zimmer. Nach Auflösung der Wohngemeinschaft durch die übrigen Mitbewohner schloss er einen Mietvertrag für eine neue Wohnung ab, nach dem er eine monatliche Miete von 223,10 € sowie eine Mietkaution von 334,66 € zu erbringen hat. Die Wohnung bezog der Kläger am 2. August 2012. Zuvor hatte der Beklagte die Angemessenheit der Unterkunftskosten bestätigt. Für die laufenden Unterkunftskosten gewährt der Beklagte dem Kläger einen Zuschuss gem. § 27 Abs. 3 SGB II von 91,00 €.

Am 1. August 2012 beantragte der Kläger beim Beklagten unter Berufung auf die zuvor erfolgte Zustimmung zum Wohnungswechsel die Übernahme der Umzugskosten in Höhe von 385,00 € sowie die darlehensweise Gewährung der Mietkaution von 334,66 € als Leistungen nach § 22 SGB II.

Mit angefochtenem Bescheid vom 16. August 2012 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Wegen des Bezugs von BAföG sei der Kläger gem. § 7 Abs. 5 und 6 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Ihm stünden nur Leistungen nach § 27 Abs. 3 SGB II zu, die ihm bewilligt worden seien. Diese Vorschrift erfasse aber nicht die begehrten Leistungen für den Umzug in eine neue Wohnung, da diese in § 22 Abs. 6 SGB II geregelt seien.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Notwendigkeit des Umzugs habe der Beklagte bereits anerkannt. Da es ihm gelungen sei, private Helfer für den Umzug zu gewinnen, seien nur Aufwendungen von 84,99 € entstanden, nämlich 44,99 € für ein Fahrzeug sowie zweimal eine Helferpauschale von 20,00 €. Es sei widersprüchlich, wenn der Beklagte die Notwendigkeit des Umzugs anerkenne, die dadurch entstehenden Kosten aber nicht trage.

Mit angefochtenem Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2012 - W 11787/12 - wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Personen, die einer dem Grunde nach BAföG-berechtigenden Ausbildung nachgingen, seien über § 27 SGB II hinaus keine SGB II-Leistungen zu bewilligen. Diese Vorschrift verweise nicht auf den in § 22 SGB II geregelten Anspruch auf die Bewilligung von Umzugskosten und Mietkautionen. Ein Härtefall nach § 27 Abs. 4 SGB II, der zur Bewilligung weiterer Leistungen führe, sei nicht festzustellen, weil keine Umstände vorlägen, die den Kläger ohne die Leistung am zügigen Ausbildungsdurchlauf hinderten oder ihn in eine existenzbedrohende Notlage brächten, die auch nicht durch eine zeitweise Unterbrechung der Ausbildung und Arbeitsaufnahme verhindert werden könne.

Mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Interesse hinsichtlich der Umzugskosten weiter. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass § 27 Abs. 3 SGB II nur einen Anspruch auf die ungedeckten Unterkunftskosten gewähre. BAföG-Empfänger wie er seien zwar grundsätzlich von SGB II-Leistungen ausgeschlossen, jedoch habe er einen Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen angemessenen Unterkunftskosten. § 27 Abs. 3 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen fasse die möglichen Ansprüche von BAföG-Empfängern zusammen. Die Vorschrift gehe davon aus, dass grundsätzlich kein SGB II-Anspruch bestehe, aber in bestimmten Fällen jedoch Grundsicherungsleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der Ausbildung zu erbringen seien. Eine solche besondere, nicht über das BAföG gedeckte Bedarfslage seien die Umzugskosten. Nach Sinn und Zweck von § 7 Abs. 5 SGB II sollten BAföG-Empfänger nicht besser oder schlechter gestellt werden als SGB II-Leistungsberechtigte. Eine solche Schlechterstellung ergäbe sich aber, wenn die Umzugskosten nicht zu berücksichtigen wären. Er habe vor Beginn der Ausbildung ALG II bezogen; wäre er in dieser Situation umgezogen, wären die Umzugskosten zu erstatten gewesen. Die Ausbildung diene auch dazu, ihn künftig zur Bestreitung der Kosten seiner Existenz zu befähigen. Deshalb könne es nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Umzugskosten vor oder während der Ausbildung anfielen. Die Umzugskosten würden rechnerisch auch nicht im System des BAföG enthalten sein; die dort berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten lägen unterhalb derer nach dem SGB II, und das BAföG kenne keine einmaligen Bedarfe. Schließlich seien die Umzugsko...

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