Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Unterkunft und Heizung. Anmietung einer möblierten Wohnung. kein Abzug einer Möblierungspauschale. abweichende Festlegung des Regelbedarfs. kein Einkommenseinsatz. Mietsache iS des § 535 Abs 1 S 1 BGB
Orientierungssatz
1. Die mit der Anmietung der Unterkunft zwangsläufig verbundene Zahlung eines - wenn auch nicht gesondert im Mietvertrag ausgewiesenen - Entgelts für die Möblierung des Zimmers gehören zu den nach § 42 S 1 Nr 2 SGB 12 iVm § 29 SGB 12 vom Sozialhilfeträger zu erbringenden Leistungen für die Unterkunft und Heizung (vgl BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 20). Die im Rahmen der Unterkunftskosten gem § 29 SGB 12 zu übernehmenden Aufwendungen für die Möblierung können nicht als Möblierungspauschale vom Regelsatz nach § 28 SGB 12 abgezogen werden.
2. § 28 Abs 1 S 2 SGB 12 ist auch im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gem §§ 41 ff SGB 12 anzuwenden (vgl BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R = BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3). § 28 Abs 1 S 2 Alt 1 SGB 12 kann nur eingreifen, wenn der Bedarf des Leistungsempfängers durch andere Sozialhilfeleistungen ganz oder teilweise abgedeckt wird. Die Regelung soll verhindern, dass im Rahmen der Sozialhilfeleistungen Doppelleistungen erbracht werden.
3. Eine Möblierungspauschale kann auch nicht über § 82 SGB 12 iVm § 2 SGB12§82DV (juris: BSHG§76DV) berücksichtigt werden (vgl SG Darmstadt vom 12.10.2010 - S 28 SO 31/10).
4. Zur Mietsache iS des § 535 Abs 1 S 1 BGB gehören alle Bestandteile der Mietsache, vorliegend auch die laut Vertrag zur Verfügung gestellten Möbel (vgl LSG Stuttgart vom 17.4.2008 - L 7 SO 5988/07 = FEVS 60, 186 und LSG Essen vom 13.12.2007 - L 7 AS 19/07).
Nachgehend
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Januar 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. Februar 2009, dieser in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Juli 2009 verurteilt, dem Kläger monatlich Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von 704,78 Euro im Zeitraum 01. Oktober 2007 bis 31. Dezember 2007, in Höhe von 706,70 Euro im Zeitraum 01. Januar 2008 bis 30. Juni 2008, in Höhe von 712,76 Euro im Zeitraum 01. Juli 2008 bis 31. Dezember 2008, in Höhe von 718,08 Euro im Zeitraum 01. Januar 2009 bis 28. Februar 2009, in Höhe von 717,72 Euro im Zeitraum 01. März 2009 bis 30. Juni 2009 und in Höhe von 720,53 Euro im Zeitraum 01. Juli 2009 bis 31. Dezember 2009 zu gewähren.
2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten sich über die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, insbesondere, ob der Beklagte bei der Anmietung eines möblierten Zimmers durch den Kläger eine Möblierungspauschale in Abzug bringen darf.
Der ... 1949 geborene Kläger wohnt in P, ist dauerhaft voll erwerbsgemindert und erhält vom Beklagten bereits seit Jahren Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Der Kläger schloss mit der Fa. I N am 27. September 2007 eine als Nutzungsvertrag bezeichnete Vereinbarung, wonach der Kläger ab dem 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2008 ein möbliertes Zimmer als persönlichen Wohnraum sowie die Gemeinschaftsräume Wohnküche, Aufenthaltsraum, Flur, Bad und WC in der D Straße ... in P gegen ein monatliches Entgelt von 245,19 Euro, inklusive Gas, Wasser und Stromkosten nutzen kann.
In dem Objekt D Straße ... in P, das von der Fa. I. N betrieben und vermietet wird, befinden sich über 50 Zimmer mit einer Fläche von 8,87 qm bis 27,07 qm, die ganz überwiegend von Leistungsempfängern des Beklagten nach dem SGB XII sowie Leistungsempfängern der ARGE S S nach dem SGB II bewohnt werden. Die Bewohner haben häufig schwerwiegende Alkoholprobleme und sind zuvor oft obdachlos gewesen.
Eine von der Fa. I. N unter dem 7. November 2007 erstellte Bescheinigung zur Mietwohnung des Klägers gab als Gesamtfläche der Wohnung 24,8 qm und für die Gesamtmiete einen Betrag in Höhe von monatlich 245,19 Euro an, darin enthalten 25 Euro für kalte Betriebskosten, 21 Euro für Kosten Wärme/Heizung und 12 Euro für Kosten Warmwasser/Fernwasser. Eine Vergütung für die Überlassung von Möbeln wurde in der Bescheinigung verneint.
Eine weitere von der Fa. I N unter dem 29. November 2007 erstellte Bescheinigung gab abweichend hiervon für kalte Betriebskosten 33 Euro, als Kosten für Wärme/Heizung 21 Euro und als Kosten für Warmwasser/Fernwasser 16 Euro an. Eine Vergütung für die Überlassung von Möbeln wurde wiederum verneint.
Der Beklagte hielt nach einem am 3. Dezember 2007 durch einen Sozialarbeiter durchgeführten Hausbesuch in der Behördenakte fest, dass der Kläger ein Einzelzimmer mit ca. 17,8 qm bewohne und ein Bett im Zimmer stehe.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 11. Dezember 20...