Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderkündigungsrecht. Beitragserhöhung im Zuge einer Fusion von Krankenkassen
Orientierungssatz
Wird im Zuge einer Fusion zweier Betriebskrankenkassen der Beitragssatz erhöht, steht den Versicherten nach § 175 Abs 4 S 5 SGB 5 ein Sonderkündigungsrecht zu.
Nachgehend
Tenor
I. Der Bescheid vom 09.10.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.01.2004 wird aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass die Klägerin bereits vom 01.12.2003 bis zum 31.03.2004 Mitglied der Beigeladenen war und die Mitgliedschaft bei der Beklagten zum Ablauf des 30.11.2003 geendet hat.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
IV. Die Sprungrevision ist zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin ein Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 Satz 5 Sozialgesetzbuchs (SGB) Fünftes Buch (V) wegen der Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes zusteht.
Die Klägerin war seit dem 01.10.2002 als abhängig beschäftigte Arbeitnehmerin versicherungspflichtiges Mitglied der BKK KM direkt. Zuletzt betrug der allgemeine Beitragssatz dort 12,9 %. Zum 01.10.2003 fusionierten die BKK KM direkt und die N. Vereinigte BKK zur Beklagten. Zugleich wurde der allgemeine Beitragssatz einheitlich auf 14,3 % festgesetzt. Am 30.09.2003 kündigte daraufhin die Klägerin unter Bezugnahme auf die Beitragserhöhung vom "1.10.2002" die Mitgliedschaft gegenüber der Beklagten und bat um Zusendung einer Kündigungsbestätigung.
Mit Bescheid vom 09.10.2003 bestätigte die Beklagte das Ende der Mitgliedschaft, jedoch erst zum 31.03.2004. Auf Grund der gesetzlich festgelegten 18-monatigen Bindungswirkung habe sie die Kündigung auf den nächstmöglichen Termin umgedeutet. Hiergegen legte die Klägerin am 21.10.2003 Widerspruch ein. Sie wandte sich insbesondere gegen die Auffassung, dass sie in Folge der Fusion zweier Krankenkassen kein Sonderkündigungsrecht besitze und die Beklagte nicht zum 01.12.2003 verlassen dürfe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2004 unter Bezugnahme auf eine Verfügung des Bundesversicherungsamtes vom 21.08.2003 zurück. Die bisherigen Beitragssätze würden aus Anlass einer Fusion weder erhöht noch abgesenkt. Sie träten vielmehr mit der Schließung außer Kraft. Eine Erhöhung dieser Beitragssätze finde somit nicht statt. Für die neue Krankenkasse werde vielmehr erstmalig ein Beitragssatz festgesetzt. Diese Auffassung werde auch durch diese Gesetzesmaterialien zur Neufassung des § 150 SGB V gestützt. Danach sei Sinn und Zweck der Gesetzesänderung, Betriebskrankenkassen die Möglichkeit zu geben, sich zu größeren, leistungsfähigeren Solidargemeinschaften zu vereinigen, um so den wettbewerbsrechtlichen Herausforderungen in Folge des Kassenwahlrechts und des Risikostrukturausgleichs Rechnung tragen zu können. Ein Sonderkündigungsrecht würde dieser Absicht nicht entsprechen, da die Mitglieder der bislang beitragsgünstigeren Kasse die gerade entstandene größere Solidargemeinschaft auf diese Weise sofort verlassen und damit schwächen könnten. Auch ein Sonderwahlrecht gemäß § 175 Abs. 5 SGB V komme bei der Vereinigung von Betriebs- oder Innungskrankenkassen nicht in Betracht.
Hiergegen richtet sich die am 10.02.2004 beim Sozialgericht Dresden eingegangene Klage vom 09.02.2004. Die Vereinigung beider Kassen führe dazu, dass die nunmehr vereinigte Krankenkasse in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkasse eintritt. In dem Fall, dass der Beitragssatz der Fusionskasse über dem Beitragssatz einer der fusionierenden Krankenkasse liegt, werde der Beitragssatz somit für deren bisherige Mitglieder erhöht. Auf Grund der Rechts- und Funktionsnachfolge müsse die Fusionskasse das Sonderkündigungsrecht gegen sich gelten lassen. Sinn und Zweck einer Kassenfusion solle eine Steigerung der Effizienz und Wirtschaftlichkeit in Leistung und Verwaltung sein, dadurch dürften jedoch nicht die Rechte der Versicherten verloren gehen oder eingeschränkt werden; die Beitragssatzerhöhung führe jedoch zu einer Schlechterstellung der Versicherten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 09.10.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2004 aufzuheben und festzustellen, dass die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten auf Grund eines Sonderkündigungsrechts zum Ablauf des 30.11.2003 geendet hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Der Klägerin fehle zudem das Rechtsschutzinteresse, weil die Kündigung erst mit dem Nachweis der Mitgliedsbescheinigung wirksam werde.
Die Beigeladene hat von einem eigenen Antrag abgesehen.
Die Klägerin hat während des Verfahrens die Beigeladene als Krankenkasse gewählt. Die Beigeladene hat die Mitgliedschaft durch eine Bescheinigung vom 09.03.2004 gegenüber dem Arbeitgeber ab dem 01.04.2004 bescheinigt. Eine Kopie der Mitgliedsbescheinigung hat die Klägerin am 26.03.20...