Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Nichtberücksichtigung der Gebühren für Breitbandkabelanschluss. Angemessenheitsprüfung. kein schlüssiges Konzept. Einpersonenhaushalt 2009 in Dresden. Ermittlung der Angemessenheitsgrenze durch Gericht anhand des qualifizierten Mietspiegels. Ermittlung der angemessenen Betriebs- und Heizkosten. Minderung der Unterkunftskosten durch Betriebskostenrückzahlung
Orientierungssatz
1. Kosten für einen Breitbandkabelanschluss sind auch dann nicht als Kosten der Unterkunft zu erstatten, wenn sie für den Hilfeempfänger nicht disponibel sind (entgegen BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R = BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18).
2. Für einen Einpersonenhaushalt war 2009 in Dresden eine Bruttokaltmiete von mindestens 281,- € angemessen. Der Stadtratsbeschluss vom 24.1.2008, mit dem die Grenze bei 252,45 € angesetzt wurde, beruht nicht auf einem schlüssigen Konzept.
3. Demgegenüber kann der vorhandene qualifizierte Mietspiegel der Stadt Dresden nach den Vorgaben der Rechtsprechung des BSG als valide Datengrundlage für eine Bestimmung der Angemessenheitsgrenze herangezogen werden.
4. Der arithmetische Mittelwert eines qualifizierten Mietspiegels ist als Nettokaltmietengrenze heranzuziehen, wenn durch die Wahl einer höheren Ausstattungsklasse sichergestellt ist, dass angemessener Wohnraum zu diesem Mietpreis angemietet werden kann.
5. Eine Betriebskostengutschrift mindert auch dann in voller Höhe die Unterkunftskosten des Folgemonats nach Zufluss, wenn die Gutschrift nicht auf nach § 22 SGB 2 berücksichtigten Vorauszahlungen beruht oder dem Hilfeempfänger wegen Überschreitung der Angemessenheitsgrenze zuvor nicht die vollen tatsächlichen Aufwendungen für seine Unterkunft gewährt worden sind. Eine teleologische Reduktion des § 22 Abs 1 S 4 SGB 2 ist nicht angezeigt.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Leistungszeitraum vom 1.1.2009 bis 31.1.2009 weitere 40,09 € für Kosten der Unterkunft zu zahlen. Der Bescheid vom 3.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.1.2009 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat 1/5 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
4. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung im Januar 2009.
Der alleinstehende, erwerbslose und erwerbsfähige Kläger bezieht seit dem 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Anrechenbares Vermögen ist nicht vorhanden. Er bewohnt seit Februar 2002 eine 49,38 m² große 2-Zimmer-Wohnung der Wohnungsgenossenschaft G.. Der Wohnblock des Klägers umfasst nahezu 900 m² vermietete Wohnfläche. Das Objekt wird mit Fernwärme beheizt; auch die Warmwasserbereitung erfolgt zentral über die Fernwärmeheizung. Die Nutzer der Wohnungen sind verpflichtet, die Kosten für einen Breitbandkabelanschluss zu übernehmen, der über die Nebenkosten abgerechnet wird. Die Anbringung von Satellitenschüsseln für Fernsehempfang ist untersagt.
Der Kläger hatte ursprünglich seine gesamten tatsächlichen Wohnkosten von der Beklagten erstattet bekommen. Bereits am 29.8.2005 hatte die Beklagte jedoch den Kläger unter Hinweis auf die Obergrenzen für Unterkunftskosten nach dem Stadtratsbeschluss vom 24.2.2005 (Bruttokaltmiete 252,45 € und Heizkosten 46,80 € für einen Einpersonenhaushalt) aufgefordert, die Kosten seiner Unterkunft und Heizung zu senken. Der Kläger hatte daraufhin, nachdem seine Bemühungen, die Miete und die Nebenkostenvorauszahlungen zu verringern, fehlgeschlagen waren, auf einen Umzug in eine kleinere Wohnung verzichtet und der Beklagten schriftlich bestätigt, dass er “die Mehrkosten für Unterkunft übernehmen werde„. Er erhielt seit dem 1.1.2006 daher nur noch Unterkunfts- und Heizkosten in der Höhe der Stadtratsbeschlüsse vom 24.2.2005 bzw. später vom 24.1.2008.
Der Kläger stellte am 25.11.2008 einen Fortzahlungsantrag für den Leistungszeitraum ab 1.1.2009 und fügte diesem Fortzahlungsantrag seine Betriebskostenabrechnung für 2007 bei. Diese ergab ein Guthaben von 210,79 €, welches der Kläger im Dezember 2008 erhielt. Ab dem 1.12.2008 betrug die Grundmiete des Klägers 224,- €, die Vorauszahlung für kalte Nebenkosten incl. Wasser 54,- € und die Vorauszahlung für Heizkosten/Warmwassererwärmung wegen einer vom Vermieter erwarteten Preissteigerung in dem Segment um 25 % nunmehr 87,- € an Stelle von bislang 63,- €. In der Vorauszahlung für die kalten Nebenkosten war ein Betrag von 6,- €/monatlich enthalten für den Breitbandkabelanschluss. Einkünfte erzielte der Kläger nicht.
Mit Bewilligungsbescheid vom 3.12.2008 wurden dem Kläger für Januar 2009 insgesamt 448,91 € bewilligt. Davon entfielen 97,91 € auf die Kosten der Unterkunft. Der Bescheid bewilligte für die Folgemonate 1.2.2009 bis 30.6.2009 jedoch Kosten der Unterkunft in Höhe von 308,70 €. Die abweichende Bewilligung für Januar 2009 beruhte darauf, dass die die Bekla...