Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der hauptberuflich selbständigen Tätigkeit von der abhängigen Beschäftigung in der Krankenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Von einer hauptberuflichen selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne von § 5 Abs. 5 SGB V ist nur dann auszugehen, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrige Erwerbstätigkeit zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt (Anschluss an BSG, Urteil vom 29.09.1997 -10 RK 2/97-, SozR 3-5420 § 3 Nr. 3; Urteil vom 29. April 1997 - 10/4 RK 3/96 -, SozR 3-5420 § 3 Nr. 2).

2. Eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit im Sinne von § 5 Abs. 5 SGB V wird nicht allein durch die Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers indiziert. § 2 Satz 1 Nr. 1 und 9 SGB VI ist nicht zur Auslegung von § 5 Abs. 5 SGB V heranzuziehen.

 

Tenor

I. Es wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2007 festgestellt, dass der Kläger ab 01.01.2007 weiterhin in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig ist.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ab dem 01.01.2007 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt.

Der Kläger ist bei der Beigeladenen abhängig beschäftigt. Zunächst bezog er bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ein Bruttogehalt in Höhe von 1.427,00 € zzgl. Provision. Spätestens ab Juni 2007 betrug sein Bruttogehalt 1.562,00 € zzgl. Provision. Auf die von dem Kläger vorgelegten Gehaltsabrechnungen wird Bezug genommen (Bl. 41ff der Gerichtsakte). Zum 01.01.2007 meldete er das Gewerbe “H. E. - Dienstleister Büro„ an. Die Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum 01.01.2007 bis 30.09.2007, auf die Bezug genommen wird (vgl. Bl. 39f der Gerichtsakte) weist einen Umsatz in Höhe von 11.304, 00 € und einen Gewinn in Höhe von 2.255,65 aus. Seit dem 01.01.2007 ist Frau A., seine Ehefrau, als Büroangestellte mit einer Regelarbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich und einem monatlichen Gehalt in Höhe von 650,00 € bei der Firma des Klägers beschäftigt. Mit bestandskräftigen Bescheid vom 07.02.2007 stellte die Beklagte fest, dass Frau A. ab dem 01.01.2007 als abhängig Beschäftigte der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten-, und Arbeitslosenversicherung unterliegt.

Mit Bescheid vom 15.02.2007 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger in seiner selbständigen Tätigkeit einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt und damit selbständig sei. Der Beigeladenen teilte sie mit, dass für den Kläger nur noch Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung abzuführen seien.

Mit seinem unter dem 22.02.2007 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er bei der Beigeladenen abhängig beschäftigt sei und damit der Versicherungspflicht unterliege. Die selbständige Tätigkeit werde nur in einem Arbeitsumfang von ca. 10 Stunden monatlich ausgeübt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da der Kläger in seiner Firma einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftige, gelte er als hauptberuflich Selbständiger im Sinne von § 5 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) mit der Folge, dass ab dem 01.01.2007 keine Krankenversicherungspflicht in seiner abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen bestehe. Für eine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit genüge es, dass eine der Voraussetzungen (selbständige Tätigkeit als Mittelpunkt des Erwerbslebens oder Beschäftigung mindestens eines Arbeitnehmers mehr als geringfügig) erfüllt sei.

Am 22.06.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei von einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit im Sinne von § 5 Abs. 5 SGB V nur auszugehen, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Umfang her die übrige Erwerbstätigkeit deutlich übersteige. Dass sei bei ihm nicht der Fall. Die Einkünfte und die wöchentliche Arbeitszeit der abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen überstiegen die der selbständigen Tätigkeit bei weitem.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 15.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2007 festzustellen, dass er ab dem 01.01.2007 weiterhin in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zunächst auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid. Das BSG habe in seinem Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 5/03 R - die von dem Kläger zitierte Rechtsprechung dahin gehend konkretisiert, dass eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit auch dann vorliegt, wenn regelmäßig Arbeitnehmer beschäftigt werden, deren Arbeitsentgelt bei Zusammenrechnung der Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) überschreiten. Die Ansicht der Beklagten entspreche auch der Ansicht d...

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