Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Übernahme einer Kautionsbürgschaft durch den Grundsicherungsträger. Rechtsweg bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Bürgschaft
Orientierungssatz
Für die Geltendmachung eines Anspruchs aus einer von einem Träger der Leistung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende abgegebenen Kautionsbürgschaft ist für den Vermieter als Gläubiger nicht der Sozialrechtsweg eröffnet, sondern der Rechtsweg zu den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Nachgehend
Tenor
Der Sozialrechtsweg ist unzulässig.
Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht Düsseldorf verwiesen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt die Inanspruchnahme des Beklagten aus einer selbstschuldnerischen Bürgschaft.
Die Klägerin ist Vermieterin eines beim Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Erwerbsfähigen.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 24.02.2015 gegenüber der Klägerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft für die Kautionsforderung in Höhe von 675,00 EUR erteilt unter Verzicht auf die Einreden nach §§ 768, 770, 771, 776 BGB.
Die Klägerin hat gegen ihren Mieter aufgrund von Zahlungsverzug Vollstreckungsbescheide erwirkt.
Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 14.06.2017 zur Zahlung in Höhe von 284,96 EUR nebst Zinsen bis zum 14.07.2017 aus der Kautionsbürgschaft auf.
Nachdem ein weiterer Vollstreckungsbescheid erwirkt wurde, forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 30.08.2017 auf, den nunmehrigen Betrag in Höhe von 442,20 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Die Klägerin hat sodann am 26.09.2017 Klage erhoben.
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe die geforderten Zahlungen zu leisten. Der Sozialrechtsweg sei gegeben. Die Kautionsbürgschaft sei im Rahmen der Tätigkeit des Beklagten zur Durchführung des SGB II abgegeben worden. Die Kautionsbürgschaft würde der Sicherung des Lebensunterhalts des Mieters dienen. Es handele sich somit um eine Streitigkeit in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende.
Das Gericht hörte die Beteiligten zu einer beabsichtigten Verweisung an das zuständige Amtsgericht an.
II.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (Sozialrechtsweg) ist bezüglich der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche unzulässig. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden gemäß § 51 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in den unter Nr. 1 - 10 genannten Fällen und gemäß § 51 Abs. 2 SGG über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der sozialen und privaten Pflegeversicherung.
Der geltend gemachte Anspruch aus der Bürgschaftserklärung ist keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, sondern eine privatrechtliche Streitigkeit.
In Abgrenzung zu einer Miet- und Kostenübernahmeerklärung (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 19.05.1994, 5 C 33.91) handelt es sich hier um eine isolierte Bürgschaftserklärung.
Maßgeblich bei der Frage der Abgrenzung zwischen einer öffentlich-rechtlichen und einer privatrechtlichen Streitigkeit ist die Natur des Rechtsverhältnisses, das zwischen den Beteiligten im Streit steht. Diese ist aufgrund des tatsächlichen Vorbringens des Klägers in Bezug auf den geltend gemachten Anspruch zu beurteilen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 51 Rn. 3c m.w.N.). Hierbei kommt es letztlich maßgeblich darauf an, welche Rechtsnormen den im Streit stehenden Sachverhalt entscheidend geprägt haben. Mit der Abgabe der Bürgschaftserklärung erfüllt der Beklagte seine öffentliche Aufgabe gegenüber dem Mieter. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die öffentliche Verwaltung die ihr anvertrauten öffentlichen Aufgaben auch in der Form und mit Mitteln des Privatrechts erfüllen kann, wenn und soweit keine öffentlich-rechtlichen Normen oder Rechtsgrundsätze entgegenstehen, und deshalb nicht ohne weiteres von der öffentlichen Aufgabe auf den öffentlich-rechtlichen Charakter ihrer Ausführung geschlossen werden darf. Bei Streit um die Aufgabenerfüllung kommt es für die Rechtswegzuordnung folglich nicht entscheidend auf das rechtliche Gepräge der Aufgabe, sondern auf das ihrer Erfüllung an (siehe BVerwG a.a.O. m.w.N.).
Der Beklagte hat sich bei seiner Bürgschaftserklärung der Mittel des Privatrechts bedient. Schon die Bezeichnung als Bürgschaftserklärung bezieht sich auf die Regelungen des BGB. Bei dem Begriff der selbstschuldnerischen Bürgschaft handelt es sich zudem um einen Fachbegriff aus dem Bürgschaftsrecht. Der Beklagte hat ausdrücklich auf Einreden nach §§ 768, 770, 771, 776 BGB verzichtet, was nochmals die rechtliche Einordnung seiner Erklärung bekräftigt.
Anders als bei einer reinen Zusicherung, dass die Mietkosten als angemessener Bedarf berücksichtigt werden oder der Mitteilung, dass die Miete direkt an den Vermieter überwiesen wird, besteht bei der hier streitigen Bürgschaftserklärung keine Prägung durch das Sozialrecht. Es besteht keine Akzessorietät der...