Entscheidungsstichwort (Thema)

Abhängigkeit des maßgeblichen Rechtswegs vom rechtlichen Charakter der Klageforderung

 

Orientierungssatz

1. Die Zulässigkeit des Rechtswegs richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den Klageantrag und den Klagegrund i. S. eines bestimmten Sachverhalts bestimmt. Ist dieser nach bürgerlichem Recht zu beurteilen, so ist der Rechtsweg nach § 13 GVG zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.

2. Stützt der Kläger seine Klageforderung ausschließlich auf eine selbstschuldnerische Bürgschaft, so bestimmt diese den Rechtscharakter des Rechtstreits. Dafür ist der Zivilrechtsweg vorgeschrieben, selbst wenn sie eine öffentlich-rechtliche Forderung sichert.

3. Erfüllt der Grundsicherungsträger seine Verpflichtung auf Übernahme eines einmaligen Bedarfs in Form einer Mietkaution i. S. von § 22 Abs. 6 S. 3 SGB 2 gegenüber dem Leistungsberechtigten durch Eingehen einer privatrechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Vermieter, so ist hierdurch der Bürgschaftserklärung ein öffentlich-rechtlicher Charakter nicht beizumessen. Entscheidend ist für die Rechtswegzuordnung nicht das rechtliche Gepräge der Aufgabe, sondern das ihrer Erfüllung (BVerwG Urteil vom 19. Mai 1994, 5 C 33/91).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 12.04.2018; Aktenzeichen B 14 SF 1/18 R)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.11.2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Gründe

I.

Streitig ist der Rechtsweg für die Klage der Klägerin auf Inanspruchnahme des Beklagten aus einer selbstschuldnerischen Mietbürgschaft.

Die Klägerin ist Vermieterin der Wohnung Nr. x, G-straße 00, E. Sie hat die Wohnung an Herrn T vermietet, dieser bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom Beklagten.

Der Beklagte hatte eine selbstschuldnerische Mietbürgschaft befristet zum 28.02.2015 gegenüber der Klägerin abgegeben. Mit Schreiben vom 12.12.2014 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und bat um Erteilung einer neuen Bürgschaftserklärung nach Ablauf der Frist zum 28.02.2015. Unter dem 24.02.2015 gab der Beklagte eine Bürgschaftserklärung für Herrn T für die Kautionsforderung aus dem Mietvertrag vom 09.09.2009 gegenüber der Klägerin ab. In der Erklärung heißt es:

"Für die Kautionsforderung aus dem o. a. Mietvertrag erteile ich Ihnen eine selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf die Einrede nach §§ 768, 770, 771, 776 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Höhe von 675,00 EUR.

Diese Bürgschaft gilt bis zum 28.02.2018, es sei denn, das Mietverhältnis endet bereits vor diesem Zeitpunkt. In diesem Falle können Leistungen aus dieser Bürgschaft nur innerhalb eines Zeitraumes von maximal 6 Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses beansprucht werden. Bei Fortbestand des Mietverhältnisses kann die Bürgschaft auf Antrag ihres Mieters verlängert werden. Eine Antragsstellung kann auch direkt durch Sie erfolgen. Lediglich der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, dass ich mit dieser Bürgschaft dem Mietvertrag nicht als Partei beitrete. Im Fall der Inanspruchnahme der Bürgschaft bitte ich Sie, Höhe und Grund Ihrer Forderung darzulegen und durch geeignete Unterlagen zu belegen."

Mit Schreiben vom 14.06.2017 zeigte die Klägerin dem Beklagten u.a. an, dass sie die Kautionsbürgschaft in Höhe von 284,96 EUR zuzüglich laufender Zinsen in Höhe von täglich 0,03 EUR in Anspruch nehme, und forderte den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 14.07.2017 zur Zahlung auf. Mit Schreiben vom 30.08.2017 forderte die Klägerin den Beklagten aufgrund der Kautionsbürgschaft unter Fristsetzung bis zum 21.09.2017 zur Zahlung von 442,20 EUR zuzüglich laufender Zinsen von täglich 0,04 EUR ab dem 31.08.2017 auf. Sie machte geltend, dass sie zwei Vollstreckungsbescheide gegen Herrn T wegen rückständiger Mieten für April 2017 und Mai 2017 sowie einen Vollstreckungsbescheid wegen einer rückständigen Miete für Juli 2017 und Mietnebenkosten für das Jahr 2016 erwirkt habe. Die offenen Forderungen beliefen sich auf insgesamt 442,20 EUR.

Am 26.09.2017 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben mit dem Begehren, den Beklagten zu verurteilen, an sie 442,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 376,77 EUR seit dem 31.08.2017 zu zahlen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtbarkeit sei eröffnet, da der Beklagte die Kautionsbürgschaft im Rahmen seiner Tätigkeit zur Durchführung des SGB II gegenüber ihr abgegeben habe. Es handele sich um eine öffentlich rechtliche Streitigkeit, da die Kautionsbürgschaft der Sicherung des Lebensunterhalts des in ihrer Wohnung lebenden Mieters durch die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II diene. Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II seien nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen. Sie nehme Bezug auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19.12.2014 - 21 K 781...

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