Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfernung eines Fertigarzneimittel aus der "Me-Too"-Liste durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt u. a. die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes voraus. Dazu muss ein schwerer unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht werden. Begehrt ein Arzneimittelhersteller die Entfernung eines von ihm vertriebenen Fertigarzneimittels aus einer im Internet zugänglichen "Me-Too"-Liste, so ist der von ihm behauptete Umsatzrückgang in eine Relation zum Gesamtumsatz zu bringen, um das Vorliegen einer möglichen Beeinträchtigung glaubhaft zu machen, die ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht abzuwenden wäre.
2. Dem Anliegen des Gesetzgebers, die Arzneimittelausgaben zu steuern, kommt besondere Bedeutung zu. Ist zur Klärung der Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels eine umfangreiche Sachaufklärung erforderlich, so bleibt diese dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Führung des von ihr vertriebenen Fertigarzneimittels Almogran in einer im Internet zugänglichen sog. "Me-Too"-Liste.
Der Begriff Me-Too-Präparat (Synonyme: Analogpräparat bzw. Scheininnovation) wird seit ca. 1982 zur Bewertung von Arzneimitteln verwandt, die zwar einen neuen Wirkstoff enthalten, dieser jedoch dem Wirkstoff bereits zugelassener Medikamente sehr ähnlich ist. Zur Bewertung des Innovationsgrades von Arzneimitteln ist das folgende, seit 1982 unveränderte Klassifikationsschema entwickelt worden:
A. Neuartige Wirkstoffe oder neuartige Wirkprinzipien mit therapeutischer Relevanz; B. Verbesserung pharmakodynamischer oder pharmakokinetischer Qualitäten bereits bekannter Wirkprinzipien; C. Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten; D.Eingeschränkter therapeutischer Wert bzw. nicht ausreichend gesicherte Therapieprinzipien.
Am 11.10.2006 schlossen die Antragsgegner/-innen eine "Vereinbarung über das Arznei- und Verbandmittelausgabenvolumen für das Kalenderjahr 2007" (Rheinisches Ärzteblatt 1/2007, 73 ff.), nach welcher das Ausgabenvolumen auf den Betrag von 2,878 Mrd. EUR festgelegt wurde (§ 2). Eine Zielvereinbarung sieht die Erreichung oder Überschreitung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Versorgungsanteils des Brutto-Generikaumsatzes am generikafähigen Markt und die Einhaltung oder Unterschreitung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Versorgungsanteils der Me-Too-Präparate ohne relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren Kosten, am Gesamtmarkt vor (§ 4). Neben Bonuszahlungen bei Unterschreitung des vereinbarten Ausgabenvolumens (§ 7) regelt die Vereinbarung Maßnahmen bei Nichteinhaltung des Richtgrößenvolumens und/oder der Zielvereinbarung (§ 8). Danach tritt eine individuelle Verantwortlichkeit des einzelnen Vertragsarztes für eine Überschreitung des Ausgabenvolumens bzw. für eine Verringerung der Sonderzahlung ein, wenn der einzelne Vertragsarzt sein für das Kalenderjahr 2007 maßgebliches Richtgrößenvolumen überschritten hat und der einzelne Vertragsarzt mindestens einen der nach § 4 vereinbarten Zielwerte nicht erreicht hat. Eine Saldierung zwischen den einzelnen Zielwerten findet nicht statt. In diesem Falle erhalten die nordrheinischen Krankenkassen/-verbände von den einzelnen Vertragsärzten jeweils einen Zielerreichungsbeitrag in Höhe von bis zu 4 % des für das Kalenderjahr 2007 für den jeweiligen Vertragsarzt anerkannten GKV-Gesamthonorars.
Eine Liste patentgeschützter Analogpräparate ("Me-Too-Liste") veröffentlicht die Antragsgegnerin auf ihrer Internet-Website (www.kvno.de/importiert/me too.pdf; aktueller Stand: 05.04.2007). Dort ist auch das Präparat Almogran (Wirkstoff Almotriptan) benannt.
Am 09.01.2007 hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht N den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit Beschluss vom 30.01.2007 - S 00 KA 00/00 ER - hat sich dieses Gericht für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Düsseldorf verwiesen.
Die Antragstellerin trägt vor, der in ihrem Arzneimittel Almogran enthaltene Wirkstoff Almotriptan sei in Wirksamkeit und Verträglichkeit der Behandlung mit der Leitsubstanz Sumatriptan überlegen. Zudem sieht sie sich in ihren Grundrechten verletzt. Der Umstand, dass Vergleichspräparate wie Ascotop (Wirkstoff: Zolmitriptan) und Naramig (Wirkstoff: Naratriptan) nicht auf der Me-Too-Liste genannt würden, obwohl sie bei geringerem bzw. gleichen Nutzen höhere Kosten als Almogran verursachten, verletze sie in Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG. Die Me-Too-Liste diene aufgrund der darin enthaltenen falschen und unvollständigen Informationen nicht der Markttransparenz. Auch hätten die Antragsgegner keine ausreichende Kompetenz, eine verbindliche Bewertung des Nutzens von A...