Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit einer öffentlichen Ausschreibung des Sozialhilfeträgers für den Einsatz von Integrationshelfern im Rahmen der Eingliederungshilfe
Orientierungssatz
1. Dem Sozialhilfeträger ist es überlassen, bei der Gewährung von Eingliederungshilfe im Wege des Beschaffungsermessens zu entscheiden, über welchen Weg er seine Pflicht zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB 12 erfüllt.
2. Aus dem Gesetz lässt sich nicht ableiten, dass die Finanzierung der Leistungserbringung nur im Wege eines dreiseitigen Rechtsverhältnisses zwischen Hilfebedürftigem, Sozialhilfeträger und Leistungserbringer im Wege der Ausschreibung erfolgen muss. Trotz vorhandener Ausschreibung ist der Leistungserbringer berechtigt, mit dem Sozialhilfeträger Verträge nach §§ 75 ff. SGB 12 zu schließen.
3. Aus § 9 SGB 12 erwächst einem bisher berücksichtigten Leistungserbringer kein Anspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger, ein von diesem betriebenes Ausschreibungsverfahren nicht fortführen zu dürfen. Rechte aus § 9 SGB 12 erwachsen ausschließlich dem Leistungsberechtigten, nicht den Leistungserbringern.
4. Die Ausschreibung des Sozialhilfeträgers verletzt nicht die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit des Leistungserbringers. Ein vollständiger Ausschluss des Vergaberechts ist mit dem Anwendungsvorrang europäischen Gemeinschaftsrechts nicht vereinbar.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Streitwert wird auf 1.445.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Öffentlichen Ausschreibung für den "Einsatz von Integrationshelfern an Düsseldorfer Schulen für Kinder mit Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe" nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Die Antragsgegnerin hat unter der Vergabenummer 00/00-0000-0000 eine Nationale Ausschreibung nach VOL/A im Wege der Öffentlichen Ausschreibung vorgenommen. Nach der Beschreibung im Ausschreibungstext soll Art der Leistung der "Einsatz von Integrationshelfern an Düsseldorfer Schulen für Kinder mit Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe" sein. Hinsichtlich Menge, Umfang und Einsatzort finden sich die Angaben über "ca. 380 Integrationshelfer an ca. 85 Schulen" sowie eine "Verteilung der Dienststellen über das gesamte Stadtgebiet". Der Ablauf der Frist zur Einreichung der Angebote war datiert auf den 22.02.2016 10 Uhr, der Ablauf der Bindefrist auf den 29.04.2016. Hinsichtlich der Dauer des Vertrages ist angegeben, dass Beginn der vertraglichen Leistung der 1.8.16 sein soll und der Vertrag für das gesamte Schuljahr 2016/2017, mithin bis 31.7.2017, gelten soll. Optional kann sich der Vertrag für bis zu vier weitere Schuljahre, jeweils in Schritten von einem Schuljahr, verlängern. Die Bieter konnten die Angebote für ein oder mehrere Lose abgeben. Dabei fand sich für die einzelnen Lose eine Unterteilung der gewünschten Integrationshelfer entsprechend der bei den Schülern jeweils vorhandenen Behinderungen nach folgenden drei Loskategorien: Los 1 mit "Förderschwerpunkt geistige Entwicklung und Kommunikation mit und ohne Verhaltensauffälligkeiten", Los 2 mit "Autismus mit geistiger Behinderung", Los 3 mit "körperliche bzw. multiple Behinderung". Der Zuschlag soll für das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden, wobei sich das wirtschaftlichste Angebot aus den Kriterien "Preis" mit einem gewichteten Anteil von 70% und "Erfahrung in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung" mit einem gewichteten Anteil von 30% ermittelt.
Der Antragsteller zu 1 ist ein ortsgebundener Verband der freien Wohlfahrtspflege und dem als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtpflege anerkannten Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland zugehörig. Derzeit erbringt der Antragsteller zu 1 durch 23 Mitarbeiter im Freiwilligen Dienst, 23 Nichtfachkräfte sowie eine Fachkraft Integrationsleistungen für die Antragsgegnerin. Im Jahr 2015 betrug der dadurch entstandene Umsatz des Antragstellers zu 1 gegenüber der Antragsgegnerin rund 715.000,00 Euro. Die 47 seitens des Antragstellers zu 1 eingesetzten Integrationshelfer betreuten bzw. betreuen (Schuljahr 2015/2016) 60 Kinder an 22 Schulen und 5 Kindertagesstätten, wovon die Antragsgegnerin für 47 Kinder (42 in Schulen und 5 in Kindertagesstätten) zuständig ist.
Der Antragsteller zu 2 ist ein Verband der freien Wohlfahrtspflege auf Stadtebene und dem Spitzenverband des Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V. zugehörig. Derzeit betreut der Antragsteller zu 2 an 27 Schulen und Kindergärten insgesamt 41 Kinder, wovon die Antragsgegnerin in 39 Fällen zuständig ist. Der Antragsteller zu 2 setzt dafür 16 Mitarbeiter im Freiwilligen Dienst und 24 Nichtfachkräfte ein. Im Jahr 2015 betrug der dadurch entstandene Umsatz des Antragstellers zu 2 gegenüber der Antragsgegnerin rund 730.000,00 Euro.
Der Antragsteller zu 1 hat zuletzt unter dem 8.12.15 eine Vergütungsvereinbarung m...