Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Vergütungsanspruch eines Krankenhauses für eine Notfallversorgung. Berechnungsfähigkeit von Zusatzpauschalen nur bei Feststellung der Besuchsbereitschaft durch Kassenärztliche Vereinigung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Zusatzpauschalen für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft bei Notfallbehandlungen nach den Gebührennummern 01211, 01215, 01217 und 01219 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (juris: EBM-Ä) in der Fassung des Jahres 2008 sind nur berechnungsfähig, wenn im Zeitpunkt der Leistungserbringung eine Feststellung der Besuchsbereitschaft durch die Kassenärztliche Vereinigung vorgelegen hat. Hierdurch werden Krankenhäuser nicht in verfassungswidriger Weise benachteiligt.
2. Eine mittelbare verfassungswidrige Benachteiligung von Krankenhäusern ist auch nicht in der Ausgestaltung und Gewichtung der im EBM-Ä 2008 für die Vergütung nach den Grund- und Zusatzpauschalen vorgesehenen Punkte zu sehen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung der ambulanten Notfallbehandlungen im Krankenhaus der Klägerin.
Die Klägerin ist Trägerin eines im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung gelegenen und zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Krankenhauses. Sie wendet sich gegen die Nichtberücksichtigung der Zusatzpauschalen nach den Nrn. 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM 2008.
Im Quartal 1/2008 stellte die Klägerin die Grundpauschalen 01210 (847-mal), 01214 (18-mal) und 01216 (2-mal) sowie die Zusatzpauschalen 01211 (837-mal), 01217 (32-mal) und 01219 (1-mal) zur Abrechnung. Die Beklagte erkannte 827 Ansätze der Nr. 01210 und die 18 Ansätze der Nr. 01214 an, wandelte die 32 Ansätze der Nr. 01217 in die Nr. 01216 um und erkannte damit 34 Ansätze der Nr. 01216 an und wandelte schließlich den Ansatz der Nr. 01219 in einen anerkannten Ansatz der Nr. 01218 um.
Dem Abrechnungsbescheid vom 28.07.2008 für das Quartal 1/2008 widersprach die Klägerin. Die Regelungen zur "Zusatzpauschale Besuchsbereitschaft" nach Punkt 1.2 Nr. 3 des EBM 2008 in Verbindung mit den EBM-Gebührenpositionen 01211, 01215, 01217 und 01219 sowie deren Umsetzung durch die Beklagte verstießen gegen Bundesrecht (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie den dreiseitigen nordrhein-westfälischen "Vertrag gemäß § 115 Abs. 1 SGB V über die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus" vom 10.05.1994 (§ 3 Abs. 2 Satz 2).
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Das T. K-Hospital nehme am organisierten Notfalldienst nicht teil. Kliniken stellten - im Gegensatz zu niedergelassenen Ärzten - ihren Versorgungsauftrag typischerweise durch die Versorgung von Patienten am Standort des Klinikums sicher. Eine Besuchsbereitschaft bzw. die notfallmäßige Durchführung von Besuchen würde daher in Widerspruch zum Versorgungsauftrag stehen. Eine ergänzende Einbindung in den vertragsärztlichen Notdienst aufgrund einer auf Landesebene durch die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung getroffenen Regelung bzw. in sonstiger Weise sei im Bereich der Beklagten gerade nicht der Fall. Eine Besuchsbereitschaft des T. K-Hospitals könne daher nicht festgestellt werden.
Hiergegen richtet sich die am 04.12.2008 erhobene Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Regelungen im EBM ab 01.01.2008 über die Besuchsbereitschaft seien objektiv und nach der Zielrichtung des Normgebers rechtswidrig darauf ausgerichtet, die durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vorgegebene grundsätzliche Gleichbehandlung zwischen den am organisierten Notfalldienst teilnehmenden Vertragsärzten und den nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten, Institutionen und Krankenhäusern zu unterlaufen. Zwar seien die Notfall-Grundpauschalen (Nrn. 01210, 01214, 01216 und 01218) für alle Leistungserbringer auch hinsichtlich der Höhe der Punktzahlen identisch. Unterschiede bestünden jedoch hinsichtlich der Besuchsbereitschaft. Für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institutionen und Krankenhäuser sei eine positive Feststellung der Besuchsbereitschaft notwendig. Demgegenüber behandele die Beklagte die am organisierten Notfalldienst teilnehmenden niedergelassenen Vertragsärzte einheitlich dahin, dass sie bei diesen die Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft in der Abrechnung automatisch berücksichtige. Sowohl grundsätzlich als auch in der Handhabung der Beklagten stellten sich die Regelungen der Vorhaltung der Besuchsbereitschaft als unzulässige Anreize zur Erbringung von Notfallbehandlungen durch Vertragsärzte dar. Auch Kostenargumente rechtfertigten die Differenzierung nicht. Denn die Beklagte differenziere nicht danach, ob der organisierte Notfalldienst als "Sitzdienst" in der eigenen Praxis oder in einer Notfallpraxis durchgeführt werde oder ob ein (zentraler) Fahrd...