Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. kein Anspruch gem § 41 SGB 12 bei Bedarfsdeckung durch Dritte. Übernahme von Schulden im Ausnahmefall. Wirtschaften aus einem "Topf". Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Heranziehung von Unterhaltspflichtigen in der Sozialhilfe
Orientierungssatz
1. Ist der Anspruch auf Leistung gem § 41 Abs 1 SGB 12 bereits gedeckt, so entfällt der Anspruch im Grundsatz.
2. Eine Bedarfsdeckung durch Hilfe Dritter nach dem Zeitpunkt der Kenntnis iS des § 5 BSHG bzw § 18 SGB 12 wirkt dann anspruchsvernichtend, wenn diese Hilfe endgültig, dh als "verlorener Zuschuss" (zB durch Schenkung) geleistet wird.
3. Helfen Dritte darlehensweise im Hinblick auf die Verweigerung oder nicht rechtzeitige Leistung der Hilfe durch den Sozialhilfeträger; kommt eine Übernahme der hieraus resultierenden Schulden trotz eingetretener Bedarfsdeckung unter weiteren Voraussetzungen in Betracht.
4. In Bezug auf § 16 BSHG ist zur Bestimmung, wann nach dem Einkommen oder Vermögen der Mitglieder einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft erwartet werden kann, dass sie Leistungen an eine hilfebedürftige Person erbringen, auf die "Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Heranziehung von Unterhaltspflichtigen in der Sozialhilfe" abzustellen. Danach gelten unterhaltsrechtliche Maßstäbe.
5. Wirtschaften die Mitglieder einer Wohngemeinschaft derart zusammen, dass die finanziellen Dinge nicht getrennt werden (zulasten verschiedener "Kassen" der Familienmitglieder), sondern der Lebensunterhalt der Mitglieder dieser Gemeinschaft aus "dem großen Topf" bzw der "Familienkasse" bestritten wird, so ist es den Angehörigen dieser Gemeinschaft nicht rechtlich untersagt, sich darauf zu berufen, einzelne von ihnen, die keiner Sozialleistungen bedürfen, seien durch ihre Leistungen in die Familienkasse und damit mittelbar an die Sozialleistungen begehrenden Mitglieder der Gemeinschaft nur für den nicht-leistenden Sozialhilfeträger eingesprungen, und die Sozialleistungen Begehrenden müssten diese vorschuss- bzw darlehensweisen Leistungen zurückzahlen. Es muss erkennbar sein, dass ein Rückzahlungsanspruch nicht nur bezüglich einer eventuellen Gewährung von staatlichen Leistungen behauptet wird, sondern dass dieser nachvollziehbar und glaubhaft auch für den Fall besteht, dass eventuell staatliche Leistungen nicht gewährt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in diesem Klageverfahren um Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) in der Zeit ab Mai 2005 vor Vollendung des 65. Lebensjahrs des Klägers. Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen die Fragen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft mit den Angehörigen des Klägers sowie die Rechtsverhältnisse in Bezug auf das Hausgrundstück L1.Busch 00 in M1 und deren Auswirkung auf einen möglichen Leistungsanspruch des Klägers.
Der am 00.00.1942 geborene Kläger ist seit dem 27.11.2000 unter anderem wegen Zuckerkrankheit mit Organkomplikationen schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 sowie dem Nachteilsausgleich "erhebliche Gehbehinderung" (Merkzeichen "G"). Der hierüber ausgestellte Schwerbehindertenausweis des Versorgungsamtes L2 vom 27.02.2004 weist ab dem 24.09.2003 wegen des Hinzutretens einer dialysepflichtigen Nierenfunktionseinschränkung eine Schwerbehinderung mit einem GdB 100 mit Merkzeichen "G" aus. Gegenwärtig muss sich der Kläger dreimal wöchentlich einer Dialysebehandlung unterziehen. Er ist seit langem mit seiner Ehefrau N1, geborene I1 (-00.00.1940), verheiratet. Mit ihr hat er zwei Söhne: I2 (- 1969) und D1 (- 1970).
Der Kläger und seine Ehefrau erwarben Ende der 1960er Jahre das Grundstück L1.Busch 00 in M1-P1 (Grundbuch von P1, Blatt 000, Gemarkung P1, Flur 00, Flurstück 00) mit einer Grundfläche von 444 qm. Sie errichteten dort ein Wohngebäude, das nach ihren Angaben eine Wohnfläche von 223 qm hat. In diesem von ihnen teilweise mit Fremdmitteln finanzierten Haus wohnen sie seit deren Geburt mit ihren Söhnen und nutzen dabei (jedenfalls seit einiger Zeit) das komplette Erdgeschoss sowie einen Teil des Obergeschosses. Neben ihnen wohnten nach den Angaben des Klägers dort immer auch weitere Personen in den verbleibenden Räumen im Obergeschoss sowie dem Dachgeschoss.
Im Laufe des Jahres 1984 gerieten der Kläger und seine Ehefrau in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Im Zuge dessen wurde im August 1984 bzw. im November 1984 die Zwangsversteigerung des jeweils hälftigen Miteigentumsanteils des Klägers und seiner Ehefrau angeordnet. Im Rahmen dieser Zwangsversteigerung erwarb Herr I3 F A1 (- 1915), der Stiefvater des Klägers, im September 1986 durch Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Leverkusen das Hausgrundstück und wurde im Februar 1987 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. An der wohnlichen Situation des Klägers, seiner Ehefrau und der Söhne änderte sich hierdurch nichts. I3 A1 wohnte zunächst noch in der U1.Straße 0 in M1-P1. Später...