Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz gegen einen Honorarrückforderungsbescheid der Kassenärztlichen Vereinigung

 

Orientierungssatz

1. Die Vollziehung eines Honorarrückforderungsbescheides soll nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG nur dann ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

2. Nach § 106 a Abs. 2 S. 1 SGB 5 stellt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnung der Vertragsärzte fest; dazu gehört die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der Sachkosten.

3. Macht der Vertragsarzt ein grundsätzliches Verständnis von der Abrechnungsfähigkeit der betroffenen Leistungen deutlich, sind die Fälle gleichgelagert und wird einvernehmlich auf die Besprechung weiterer Fälle verzichtet, so darf die KV davon ausgehen, dass die aufgedeckten Abrechnungsfehler in sämtlichen streitbefangenen Quartalen vorhanden waren. In einem solchen Fall darf die KV das aus der Besprechung gewonnene Ergebnis auf die übrigen Quartale hochrechnen.

4. Belaufen sich die von der KV eingeräumten Raten für die Rückzahlung auf 15 % der Honorareinkünfte, so führt dies nicht zur Annahme einer unbilligen Härte, welche die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen könnte.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers in dem Rechtsstreit S 2 KA 256/14.

Der Antragsteller ist als Facharzt für Chirurgie in C-H niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Mit Bescheid vom 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 hob die Antragsgegnerin die dem Antragsteller für die Quartale III/2008 bis II/2012 erteilten Honorarbescheide teilweise in Höhe von insgesamt 224.770,51 EUR auf und forderte diesen Betrag zurück. Das mit ihm am 30.04.2013 geführte Gespräch (über eine Plausibilitätsprüfung) habe ergeben, dass seine Abrechnungen in der eingereichten Form teilweise zu berichtigen seien. Dies zeige sich in den (sechs) nachstehend aufgeführten Beispielsfällen. Zu diesen wird abschließend ausgeführt, der Ansatz der Nrn. 31102 und 31103 EBM sei jeweils nicht plausibel. Die Beispiele erlaubten den Schluss, dass die Abrechnung unter fehlerhafter Anwendung der maßgeblichen Bestimmungen, insbesondere der Leistungslegenden des EBM, erstellt worden sei. Bei dem sachlich fehlerhaften Ansatz der erörterten Gebührenordnungspositionen handele es sich nicht um ein lediglich leichtes Versehen. Vielmehr seien Abrechnungsbestimmungen außer Acht gelassen worden, die dem Antragsteller bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt zumindest hätten bekannt sein müssen. Im Wege des Schätzungsermessens seien für den o.g. Zeitraum die Nr. 31102 EBM in 90 % der Fälle um die Differenz zur Nr. 02301 EBM gekürzt und die Nr. 31103 EBM in 90 % der Fälle um die Differenz zur Nr. 02302 EBM gekürzt worden.

Mit Schreiben vom 25.09.2013 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, zur Rückführung des Honorars werde eine ratenweise Verrechnung mit den Quartalsabrechnungen von III/2013 bis II/2023 vorgenommen. Dabei würden im Quartal III/2013 2.070,51 EUR einbehalten. In den Quartalen IV/2013 und I/2014 würden jeweils 5.900,- EUR in Abzug gebracht. Die Quartale II/2014 bis II/2023 würden mit jeweils 5.700,- EUR belastet. Demgemäß würden die Ratenzahlungen Oktober 2013 bis Februar 2014 vorab um jeweils 2.000,- EUR gemindert. Die Raten März 2014 bis Juni 2023 sowie September 2023 würden um 1.900,- EUR gekürzt. Dieser Entscheid gelte vorbehaltlich weiterer Regress- bzw. Plausibilitätsverfahren.

Mit weiterem Bescheid vom 13.05.2014 hob die Antragsgegnerin die Honorarbescheide für die Quartale III/2012 bis III/2013 teilweise in Höhe von 74.209,45 EUR auf und forderte das insoweit zu Unrecht gezahlte Honorar zurück. Die Sichtung der Folgequartale der Abrechnung des Antragstellers habe ergeben, dass sich das Abrechnungsverhalten nach der durchgeführten Plausibilitätsprüfung nicht geändert habe. Teilweise sei sogar ein Anstieg der dermatochirurgischen Eingriffe nach der GOP 31103 in den genannten Quartalen zu verzeichnen. Der Anlage zu diesem Bescheid ist zu entnehmen, dass die GOP 31103 in 90 % der Fälle um die Differenz zur GOP 02302 gekürzt wurde (auch mit G). Mit Schreiben vom 03.06.2014 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, vor dem Hintergrund des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 13.05.2014 über 74.209,45 EUR sehe sie sich leider gehalten, die monatliche Rückzahlung ab Juni 2014 auf 2.600,- EUR zu erhöhen. Hiermit werde gewährleistet, dass die Laufzeit der Rückforderung nicht den geplanten Zeitrahmen bis Mitte 2023 verlängere.

Gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbesc...

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