Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des SG Düsseldorf vom 7.4.2011 - S 27 R 1952/10, das vollständig dokumentiert ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.02.2012; Aktenzeichen B 13 R 72/11 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die rückwirkende Gewährung einer Rente streitig.

Die 1923 in G/Kreis L geborene Klägerin ist anerkannte Verfolgte des Nationalsozialismus und hat eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) erhalten. Sie besitzt heute die israelische Staatsangehörigkeit. Am 06.02.1990 beantragte sie bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Gewährung einer Rente unter Anrechnung von Fremdbeitragszeiten für die Zeit vom 01.08.1938 bis 30.09.1939. Das lehnte die BfA mit Bescheid vom 16.04.1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.1993 mangels Glaubhaftmachung von Fremdbeitragszeiten ab. Auch die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27.08.1996 - S 2 An 4146/93).

Am 26.11.2002 beantragte die Klägerin bei der BfA die Gewährung einer Altersrente auf der Grundlage des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Sie machte geltend, in der Zeit von Frühling 1941 bis Januar 1945 im Ghetto C im Arbeitsressort “H-P„ Munitionsarbeiten gegen Entgelt (polnisches Geld) und Essen laut Tarif verrichtet zu haben. Diesen Antrag lehnte die Beklagte, an die der Vorgang zuständigkeitshalber abgegeben worden war, mit Bescheid vom 21.05.2004 ab. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des ZRBG seien nicht erfüllt. Die Angaben der Klägerin seien widersprüchlich. Im Entschädigungsverfahren habe sie einen Ghetto-Aufenthalt nur bis Sommer 1943 geschildert, in diesem Zusammenhang aber keine Arbeit bei H-P erwähnt. Danach habe sie sich im Zwangsarbeitslager aufgehalten; diese Zeit könne mangels Ghetto-Aufenthaltes nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin widersprach und machte geltend, zuerst Reinigungsarbeiten, dann Sortierarbeiten bei der Firma R verrichtet zu haben. Im Sommer 1943 sei sie dann in das H-P-Lager gekommen. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2005 zurück. Die Klägerin habe sich nicht zur Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit der jetzt geltend gemachten Tätigkeiten erklärt. Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Düsseldorf (Az.: S 15 R 96/05). Mit Urteil vom 13.02.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Gewährung einer Rente unter Berücksichtigung von Ghetto-Beitragszeiten scheide aus. Die Klägerin habe sich nach Sommer 1943 nicht in einem Ghetto, sondern in einem Zwangsarbeitslager aufgehalten. In der Zeit von Frühling 1941 bis Sommer 1943 habe sie nicht freiwillig und entgeltlich im Ghetto C gearbeitet, ihre Angaben belegten das Vorliegen von Zwangsarbeit. Dagegen erhob die Klägerin keine Rechtsmittel.

Unter dem 03.03.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Hinweis auf das BSG-Urteil vom 14.12.2006 die Überprüfung der ablehnenden Bescheide. Diesen Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.06.2008 ab. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der erlassenen Bescheide. Die Rentenversicherungsträger folgten dem von der Klägerin erwähnten Urteil des BSG nicht und verlangten in Anlehnung an die Rechtsprechung der übrigen Rentensenate des BSG im Rahmen des ZRBG weiterhin das Vorliegen einer “rentenversicherungspflichtigen„ Beschäftigung. Auch der erneute Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2008 zurückgewiesen. Dagegen erhob die Klägerin von neuem Klage zum Sozialgericht Düsseldorf (S 15 R 250/08). Im Rahmen dieses Klageverfahrens erklärte sich die Beklagte “unter Berücksichtigung der geänderten Rechtsprechung des BSG vom 02.06. und 03.06.2009„ zur vollständigen Erledigung des Rechtsstreits bereit, eine Beitragszeit nach dem ZRBG für die Zeit vom April 1941 bis Juni 1943 sowie Ersatzzeiten wegen Verfolgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anzuerkennen und der Klägerin hieraus - vorbehaltlich der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit - eine Rente, ebenfalls nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen. Dieses Angebot nahm die Klägerin den Rechtsstreit erledigend an. Daraufhin gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 02.06.2010 Regelaltersrente ab dem 01.01.2004. Ab dem 01.07.2010 seien monatlich 278,30 € zu zahlen, die Nachzahlung für den Zeitraum 01.01.2004 bis 30.06.2010 betrage 23.621,90 €. Für die Zeit davor sei die Rente nicht zu gewähren, da bei der Rücknahme von Bescheiden die Leistung längstens für einen Zeitraum bis zu 4 Jahren vor der Rücknahme erbracht werde. Ferner betrage der Zugangsfaktor für die Rente 1,945; der eigentlich für die Altersrente vorgesehene Zugangsfaktor von 1,0 sei für jeden Monat, den die Rente trotz erfüllter Wartezeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in ...

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