Tenor

Die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Kostenfestsetzungsbeschlusses des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.04.2014 - S 2 KA 29/08 - wird für unzulässig erklärt. Der Beklagte wird verurteilt, die ihm erteilte vollstreckbare Ausfertigung des o.g. Beschlusses an die Klägerin herauszugeben. Es wird angeordnet, dass die Vollstreckung aus dem o.g. Beschluss bis zur Rechtskraft des Urteils in dem vorliegenden Rechtsstreit einstweilen eingestellt wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Abwehr einer Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss.

Der Beklagte war seit 1989 in Duisburg zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.11.2006 - 3 StR 204/06 - wurde er in 36 Fällen des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs für schuldig befunden. Seine vertragszahnärztliche Zulassung wurde entzogen (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 05.11.2008 - B 6 KA 59/08 B -).

Der Beklagte hatte für seine Praxis von der Fa. H1 (H1) in den Jahren 1999 bis 2002 Zahnersatz bezogen, der überwiegend in Asien gefertigt wurde. H stellte den Vertragszahnärzten die Leistungen in Höhe der in Deutschland üblichen Preise in Rechnung, die diese über die Kassenzahnärztliche Vereinigung abrechneten. Der nach dem sog. "Komforttarif" mit den Vertragszahnärzten abgerechnete Zahnersatz wies die gleiche Qualität auf und wurde zum gleichen Einkaufspreis bezogen wie der im sog. "Standardtarif" um bis zu 53 % günstiger angebotene Zahnersatz. Um den erhöhten Preis zu rechtfertigen, gewährte H im "Komforttarif" eine Garantie von bis zu sechs Jahren. Die Vertragszahnärzte erhielten von H umsatzabhängige Rabattzahlungen - sog. "Kickback"-Zahlungen - in Höhe von bis zu 30 % der Differenz zwischen den tatsächlichen Herstellungskosten und den im Komforttarif abgerechneten Kosten. Die KZV Nordrhein ermittelte für den Beklagten ein Gesamt-"Kickback" in Höhe von 132.761 EUR, von dem ein Anteil in Höhe von 36.908,75 EUR auf die Klägerin entfiel. Dieser Anteil wurde von der KZV Nordrhein an die Klägerin ausgezahlt. Die Klägerin machte sodann gegenüber dem Beklagten gerichtlich den bei H entstandenen "Gewinnanteil" geltend, den sie einschließlich eines bis zum 31.03.2006 entstandenen Zinsschadens auf 53.533,13 EUR bezifferte. Die Forderung ergibt sich aus der Differenz des Komforttarifs zum Standardtarif zuzüglich des auf diese Differenz entfallenden MwSt.-Betrages unter Abzug der Erstattungsleistungen der KZV Nordrhein und des Eigenanteils der Versicherten.

Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat der Klage mit Urteil vom 25.02.2009 - S 2 KA 29/08 - stattgegeben, das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) mit Urteil vom 19.10.2011 - L 11 KA 30/09 - die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Auf die Revision des Beklagten hat das BSG mit Urteil vom 20.03.2010 - B 6 KA 18/12 R - die vorinstanzlichen Urteile aufgehoben und der Klägerin die Kosten für alle Rechtszüge auferlegt: Zwar habe das LSG materiell zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz bejaht. Eine unmittelbare Leistungsklage der Krankenkasse gegen den Beklagten als Vertragszahnarzt sei jedoch unzulässig. Die Klägerin hätte vielmehr den im Vertrags(zahn)arztrecht vorgesehenen Weg der Schadensfestsetzung durch die Prüfgremien beschreiten müssen. Im Rahmen einer Festsetzung durch die Prüfgremien komme ein Zinsanspruch der Klägerin nicht in Betracht. Ein solcher sei im vertrags(zahn)ärztlichen System der Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern ausgeschlossen. Das gelte auch, soweit es um die Regulierung eines "sonstigen Schadens" gehe.

Unter dem 25.11.2013 erklärte die Klägerin die Aufrechnung des von dem Beklagten geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs aus dem v.g. Rechtsstreit mit ihrem Schadensersatzanspruch. Aufgrund dieser Aufrechnung sei die Forderung des Beklagten gegen sie auf Zahlung der Kosten erloschen, ihre Forderung gegen den Beklagten reduziere sich entsprechend.

Mit Vereinbarung vom 06.06.2007 hatte der Beklagte zur Sicherung der Forderung seiner Rechtsanwälte N und B H2-C1 aus Honoraransprüchen in seinen bestehenden und zukünftigen Mandaten seine sämtlichen Forderungen gegen Krankenkassen, insbesondere etwaige Ansprüche gegen die AOK Rheinland aus dem Verfahren AOK Rheinland./. C2 wegen Schadensersatz nach Kickbackzahlungen der Fa. H1 (Az. der Kanzlei H2-C1: 000/06), ( ) an die Rechtsanwälte N und B H2-C1 abgetreten. Unter Bezugnahme auf diese Abtretungserklärung wandten sich die Rechtsanwälte B H2-C1 unter dem 24.12.2013 an die Klägerin und baten um Auszahlung des Kostenerstattungsanspruchs an sie.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.04.2014 - S 2 KA 29/08 - setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG Düsseldorf die von der Klägerin dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf 14.634,55 EUR fest, zu verzinsen mit 5 % seit dem 11.12.2013. Der Antragsberechtigung des Beklagten im Kostenfestsetzungsverfahren stehe nicht entgegen, ...

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