Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung des Sozialgeheimnisses durch den Sozialleistungsträger
Orientierungssatz
1. Nach § 35 Abs. 1 S. 1 SGB 1 hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten, 3 67 Abs. 2 SGB 10, von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden.
2. Die Einschränkung des Auskunftsrechts des Betroffenen nach § 83 Abs. 2 SGB 10 entspricht den Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.
3. Hat der Antragsteller ohne Einschränkung Auskunft über alle erhobenen Sozialdaten begehrt, so beschränkt dies auch seinen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz. Ein Auskunftsersuchen, welches den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht, begründet keinen Schadensersatzanspruch.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 5000,-- Euro festgesetzt.
Der Kläger trägt die Gerichtskosten des Verfahrens.
Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Anspruch auf - immateriellen - Schadenersatz in Höhe von 5000,-- Euro nebst Zinsen und beruft sich auf Artikel 82 Abs. 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Am 16.7.2019 wandte sich der Kläger per Email an die Beklagte und begehrte gemäß Artikel 15 DSVGO Auskunft über seine bei der Beklagte verarbeiteten bezogenen Daten. Der Antrag des Klägers lautet wie folgt:
"Sehr geehrter Herr...,
ich beantrage hiermit Auskunft über meine im Jobcenter ..... verarbeiteten personenbezogenen Daten nach Artikel 15 EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO). Die Auskunft wird in dem in Artikel 15 Abs. 1 Buchstabe a-h EU-DSGVO genannten Umfang beantragt, mithin:
1. die Verarbeitungszwecke;
2. die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;
3. die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werde, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;
4. falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;
5. das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchrechts gegen diese Verarbeitung;
6. das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;
7. wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten;
8. das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Abs. 1 und 4 - zumindest in diesen Fällen - aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.
Darüber hinaus bitte ich gemäß Artikel 15 Abs. 3 EU-DSGVO um die Erteilung einer Kopie der vollständigen personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind.
Die Auskunft wird gemäß Artikel 15 Absatz 3 EU-DSGVO in einem gängigen elektronischen Format, z.B. im Dateiformat PDF verlangt.
Insbesondere erstreckt sich mein Auskunftsverlangen auf den vollständigen Inhalt der (Leistungs-) Akte(n) (einschließlich der Vermerke in ihren elektronischen Dokumentationssystem/en) betreffend die Angelegenheiten nach dem SGB II (z.B. Arbeitslosengeld 2, Arbeitsvermittlung), sowie die durchgeführten Erstattungsverfahren (z.B. mit der Agentur für Arbeit) und durchgeführten gerichtlichen Verfahren.
Insbesondere bitte ich auch um Mitteilung, ob personenbezogene Daten zu meiner Person in Dritt-Akten verarbeitet werden (Akten, die in Angelegenheiten einer anderen Person geführt werden). Bejahendenfalls bitte ich um Benennung dieser Person und Auskunft über die insoweit verarbeiteten Daten und Erteilung einer Kopie dieser personenbezogenen Daten (Artikel 15 Abs. 3 EU-DSGVO).
Darüber hinaus bitte ich um Angabe aller vereinnahmten und verauslagten Erstattungsbeiträge (z.B. in Zusammenhang mit Erstattungsverfahren nach §§ 102 ff SGB X mit anderen Sozialleistungsträgern) mit Angabe der beteiligten Stellen, des Erstattungszeitraums, der Erstattungshöhe und der Rechtsgrundlage der Erstattung."
Der Kläger erinnerte sodann an seinen Antrag per Email vom 16.7.2019 mit Fax vom
21.8.2019 und Schreiben vom 11.9.2019.
Am 30.10.2019 wandte sich der Kläger an den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes NRW mit einer Beschwerde nach Artikel 77 DSGVO, der mitteilte, er habe das Schreiben an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit nach Bonn weitergeleitet.
Am 4.2.2020 teilte die Beklagte mit, sein Antrag werde bearbeitet. Am 13.2.2020 teilte die Beklagte mit, der überwiegende Teil liege a...