Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Anrechnung von Vermögen des Hilfebedürftigen. nachträgliche Rückforderung von Leistungen bei nicht angegebenem Vermögen. Umfang des Erstattungsanspruchs des Grundsicherungsträgers
Orientierungssatz
Bei der Rücknahme von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende wegen eines im zurückliegenden Bewilligungszeitraum vorhandenen und bei Antragstellung nicht angegebenen Vermögens, das die Freibeträge übersteigt, sind nur die Leistungen aufzuheben und zu erstatten, die bei Einsatz des Vermögens nicht hätten erbracht werden müssen. Dagegen ist eine vollständige Aufhebung der Leistungsgewährung ohne Rücksicht auf die Höhe des einsetzbaren Vermögens nicht zulässig.
Nachgehend
Tenor
1) Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 16.12.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.3.2014 wird aufgehoben, soweit die Forderung den Betrag übersteigt, der sich ergibt aus dem Betrag von 10.061,88 EUR abzüglich des für den Kläger im streitigen Zeitraum geltenden Freibetrags. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2) Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Rücknahme- und Erstattungsbescheid, mit dem der Beklagte diversen Bewilligungsbescheide betreffend den Zeitraum Juni 2006 bis Oktober 2013 aufhebt und vom Kläger die Erstattung eines Betrages von 31.233,72 EUR fordert. Der Kläger steht seit 1.6.2006 im Leistungsbezug. Mit Bewilligungsbescheid vom 30.5.2006 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Juni bis November 2006 sowie mit diversen weiteren Bewilligungsbescheiden - insoweit wird auf die Übersicht auf Seite 2 des Widerspruchsbescheids verwiesen - für die folgenden Zeiträume bis einschließlich Oktober 2013. Bei erstmaliger Antragsstellung im Mai 2006 verneinte der Kläger, über ein den Betrag von 4.850 EUR übersteigendes Vermögen zu verfügen. Er gab diverse Sparbücher und Girokonten an, nicht aber ein weiteres Sparbuch mit einem Guthaben von 10.061,88 EUR im Mai und Juni 2006. Aufgrund eines Datenabgleichs erhielt der Beklagte Kenntnis von Zinszahlungen für dieses Konto und fragte insoweit beim Kläger nach. Dieser gab im Rahmen einer Anhörung durch den Beklagten an, dass er mit den Beträgen Kredite zurückzahlen haben wollen und das Geld auch zur Anschaffung eines PKW haben zurückhalten wollen. Er habe das Guthaben und die Zinserträge verschwiegen, weil er angesichts von damals fünf Millionen Arbeitslosen und seinen prekären Beschäftigungsverhältnisses Existenzsorgen gehabt hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird im Übrigen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Der Beklagte hob daraufhin die oben genannten bzw. darauf verwiesenen Bewilligungsbescheide mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 16.12.2013 auf, forderte vom Kläger die Erstattung von 31.233,72 EUR und rechnete in Höhe von 117,30 EUR oder 30 % mit den dem Kläger laufend zustehenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II auf. Der Kläger hat gegen den Bescheid Widerspruch erhoben, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.3.2014 als unbegründet zurückgewiesen hat. Auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid wird verwiesen. Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger sodann Klage erhoben. Der Kläger ist der Auffassung, dass man den fiktiven Verzehr seines Vermögens berücksichtigen müsse. Denn hätte er das Vermögen ordnungsgemäß angegeben und entsprechend keinerlei Leistungen nach dem SGB II bezogen, wäre sein Vermögen spätestens nach fünf Monaten unter den für ihn geltenden Freibetrag gefallen. Mithin müsse er nur den Betrag erstatten, der über dem für ihn geltenden Freibetrag liege, mithin 3.625,04 EUR. Er könne sein Vermögen schließlich nur einmal einsetzen, dann sei es - nach fünf Monaten - verbraucht. Der Beklagte fordere aber die Erstattung für 90 Monate, was geradezu widersinnig und nicht im Sinne des Gesetzes sei. Er stünde damit bedeutend schlechter als er stehen würde, wenn er das Vermögen bei Antragstellung angegeben hätte. Die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung auch des BSG sei nicht einschlägig, da es sich in diesen Fällen nicht um Erstattungen, sondern um laufende Bewilligungen gehandelt habe. Der Kläger beruft sich seinerseits auf diverse Entscheidungen, die seine Ansicht stützten.
Der Kläger beantragt,
der Rücknahme- und Erstattungsbescheid des beklagten Jobcenters vom 16.12.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.3.2014 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag von 3.461,88 EUR übersteigt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Das nicht verbrauchte und seinen Freibetrag übersteigende Vermögen des Klägers könne ihm während des gesamten streitgegenständlichen Bewilligungszeitraums entgegengehalten werden. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des BSG und diverser L...