Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Abrechnungsprüfung. Aufschlagszahlung nach § 275c Abs 3 SGB 5. Einleitung einer Prüfung durch die Krankenkasse nicht vor dem Kalenderjahr 2022
Orientierungssatz
Ein Aufschlag nach § 275c Abs 3 SGB 5 kann nur für solche Behandlungsfälle erhoben werden, bei denen die Einleitung einer Prüfung durch die Krankenkasse nicht vor dem Kalenderjahr 2022 erfolgt ist.
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom ... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ..... wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Sprungrevision wird zugelassen
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung einer Aufschlagszahlung nach § 275c Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Die Klägerin behandelte die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patientin ... (Fallnr.: ...) vom ... bis ... vollstationär. Die Klägerin rechnete diesen Behandlungsfall gegenüber der Beklagten mittels Datenträgeraustausch (DTA) nach § 301 SGB V ab. Die Rechnung vom ... (Rechnungs-Nr. ...) ging am ... bei der Beklagten ein. Da die Beklagte Zweifel an der ordnungsgemäßen Rechnungslegung hegte, beauftragte sie am ... den zuständigen Medizinischen Dienst (MD) mit der Überprüfung des Behandlungsfalls. Die Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes vom ... ging der Klägerin am ... zu. Im Rahmen der Prüfung gelangte der MD in seinem Gutachten vom ... zu dem Ergebnis, dass die Abrechnung der Klägerin hinsichtlich der Höhe des Abrechnungsbetrags unzutreffend war. Die Einzelheiten der Abrechnung sind zwischen den Beteiligten nicht streitig und - aufgrund der Festsetzung der Aufschlagszahlung in Höhe des Mindestbetrages i.S.v. § 275c Abs. 3 S. 2 a.E. SGB V - für das hiesige Verfahren auch nicht von Relevanz.
Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin in ihrer abschließenden Leistungsentscheidung einen Erstattungsanspruch mit, woraufhin die Klägerin das Gutachten akzeptierte und die Rechnung korrigierte. Mit - hier einzig streitgegenständlichem - Bescheid vom ... setzte die Beklagte ohne vorherige Anhörung der Klägerin eine Aufschlagszahlung nach § 275c Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i. H. des Mindestbetrags von 300 EUR fest, wogegen sich der Widerspruch der Klägerin richtete.
Mit Widerspruchsbescheid vom ... wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Aufschlagsberechnung aus ihrer Sicht, die überdies durch das Bundesministerium für Gesundheit geteilt werden, auf Fälle vor dem 01.01.2022 anwendbar sei. Es komme für die Berechtigung zur Erhebung des Strafaufschlages nur auf die leistungsrechtliche Entscheidung bzw. das Ende der Prüfung durch den MD an. Zur Stützung ihrer Rechtsansicht verwies die Beklagte auf unterschiedliche Entscheidungen von Sozialgerichten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.
Die Klägerin hat sodann Klage vor dem erkennenden Gericht erhoben.
Sie ist der Auffassung, dass der Bescheid bereits formell rechtswidrig sei. Insoweit sei die Beklagte vor Erlass einer belastenden Entscheidung, die in die Rechte eines Beteiligten eingreife, gehalten, Gelegenheit zur Äußerung hinsichtlich der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu geben. Der Adressat solle vor einer Überraschungsentscheidung geschützt werden und günstige Umstände vorbringen können. Insoweit habe das Bundessozialgericht bereits in seiner Entscheidung vom 25.03.2021 (B 1 KR 16/20 R, Rn. 25, zit. nach juris) darauf hingewiesen, dass die Anhörungspflicht auch gegenüber Krankenhausträgern in einem vermeintlichen Gleichordnungsverhältnis gelte, wenn ein belastender Bescheid ergehe. Die Anhörung sei ferner auch nicht entbehrlich gewesen. Zwar könne gemäß § 24 Abs. 2 SGB X von der Anhörung abgesehen werden. Dieses Absehen stehe jedoch im Ermessen der Beklagten. Eine solche Ermessensentscheidung sei hier bereits nicht ersichtlich und darüber hinaus sei auch kein Tatbestand gegeben, welcher eine Abweichung von dem Grundsatz der vorherigen Anhörung zulasse.
Darüber hinaus sei der Bescheid auch in materieller Hinsicht rechtswidrig. Die Regelung über die Aufschlagszahlung auf Behandlungsfälle aus den Jahren 2020 und 2021 sei nicht anwendbar, sondern erst für Krankenhausaufnahmen ab dem 01.01.2022. Der Wortlaut des Gesetzes benenne den maßgeblichen Anknüpfungspunkt - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - nicht. Entgegen der Gründe des angegriffenen Bescheides komme es für den zeitlichen Anknüpfungspunkt der Aufschlagsregelung des § 275 Abs. 3 SGB V jedenfalls nicht auf das Datum des Zugangs der leistungsrechtlichen Entscheidung an. Vielmehr sei der zeitliche Anknüpfungspunkt das Datum der Krankenhausaufnahme ab dem 01.01.2022, hilfsweise das Datum des Rechnungszugangs ab dem 01.01.2022 und äußerst hilfsweise das Datum der Prüfeinleitung durch den Medizinischen Dienst ab dem 01.01.2022. Dies zeige sich daran, dass § 275c Abs. 3 SGB V in systematischer Hinsicht einen unt...