Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgung des gehbehinderten Versicherten mit einer mobilen Treppensteighilfe
Orientierungssatz
1. Bei der Versorgung des Versicherten mit einem Hilfsmittel ist dessen Erforderlichkeit im Einzelfall zu prüfen. Das begehrte Hilfsmittel muss geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
2. Ist der Versicherte aufgrund von Amputationen der Unterschenkel gehunfähig, auf einen Rollstuhl angewiesen und kann er ohne Bereitstellung einer mobilen Treppensteighilfe seine Wohnung nicht mehr verlassen, so ist ihm der Nahbereich seiner Wohnung verschlossen.
3. Die Treppensteighilfe verschafft ihm die Möglichkeit, selbständig zu wohnen und seine Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang an die frische Luft zu kommen und die im Nahbereich liegenden Stellen zu erreichen. Damit sind die grundsätzlichen Anforderungen an den zustehenden Behinderungsausgleich erfüllt.
4. Ergibt die vorgeschriebene Einzelfallprüfung, dass die mobile Treppensteighilfe erforderlich und geeignet ist, um sich damit den Nahbereich seiner Wohnung erschließen zu können, so hat der gehbehinderte Versicherte nach § 33 Abs. 1 SGB 5 Anspruch auf Versorgung mit einer mobilen Treppensteighilfe.
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid vom 05.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Rollstuhltreppensteighilfe zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bewilligung einer Rollstuhltreppensteighilfe.
Bei dem 1933 geborenen Kläger wurde im Mai 2012 eine Unterschenkelamputation rechts durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt bestand bereits eine Amputation des linken Unterschenkels, so dass der Kläger sich mit einer Prothese bewegen konnte. Durch die zweite Amputation ist der Kläger nunmehr auf den Rollstuhl angewiesen und beantragte bei der Beklagten die Versorgung mit einer Treppensteighilfe. Die den Kläger behandelnden Ärzte N und B verordneten ihm ein Scalamobil.
Mit Bescheid vom 05.07.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Versorgung mit einer Treppensteighilfe nicht angezeigt sei und daher nicht bewilligt werden könne. Eine weitere Begründung erfolgte nicht.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und teilte mit:
Er sei durchgehend 24 Stunden auf fremde Hilfe angewiesen. Sein Lebensraum sei auf seine Wohnung beschränkt. Durch die zweite Amputation sei er auf den Rollstuhl angewiesen und könne seine Wohnung nicht verlassen. Die Wohnung liege im ersten Stock. Er sei dringend auf die Bewilligung der Treppensteighilfe angewiesen. Wenn ein Formfehler vorliege, weil das Hilfsmittel falsch bezeichnet worden sei, könne dies durch den Arzt korrigiert werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete diesen wie folgt:
Grundsätzlich könne ein Versicherter der gesetzlichen Krankenversicherung ein Hilfsmittel gemäß § 33 SGB V beanspruchen, wenn dieses medizinisch notwendig sei, um im Einzelfall eine Behinderung auszugleichen.
Eine Treppensteighilfe sei insoweit als Hilfsmittel geeignet, eine Behinderung auszugleichen. Gleichwohl könne eine Bewilligung durch die Krankenkasse nicht erfolgen, weil das Bundessozialgericht (BSG) in einer Entscheidung aus dem Jahre 2010 (B 3 KR 13/09 R) mitgeteilt habe, dass ein dauerhaft gehunfähiger Versicherter keinen Anspruch auf eine Versorgung mit einer elektrisch betriebenen mobilen Treppensteighilfe für den Rollstuhl allein aufgrund seiner individuellen Wohnverhältnisse habe.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.
Er trägt vor, dass er die Treppensteighilfe benötige, um sich den Nahbereich seiner Wohnung zu erschließen. Ohne Treppensteighilfe sei er auf Dauer in seiner Wohnung eingesperrt. Das Hilfsmittel werde benötigt, um an die frische Luft zu gelangen und Aktivitäten zusammen mit seiner Frau außerhalb der Wohnung wahrnehmen zu können.
Sofern die Beklagte auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts abstelle, sei diese vorliegend nicht einschlägig. In dem vom BSG zu entscheidenden Fall wollte die Klägerin mit der Treppensteighilfe versorgt werden, um den Garten des Wohnhauses aufsuchen zu können. Der Nahbereich der Wohnung habe der Klägerin bereits zur Verfügung gestanden. In diesem Zusammenhang habe das BSG entschieden, dass ein Anspruch, der allein den konkreten Wohnverhältnissen geschuldet sei, nicht bestehe.
Sofern die Beklagte aber der Ansicht sei, dass nicht sie, sondern ein anderer Leistungsträger die Treppensteighilfe bewilligen müsse, wäre sie verpflichtet gewesen, den Antrag weiterzuleiten. Es sei nunmehr Eile geboten. Die Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger das Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 05.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 aufzuheben und di...