Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung vertragsärztlicher Leistungen. keine Neufestsetzung des abrechenbaren Gesamtpunktzahlvolumens nach privater Auszeit im Vorjahr. keine außergewöhnliche Entwicklung

 

Orientierungssatz

Außergewöhnliche Umstände iS von § 23c Abs 1 S 7 Bedarfsplanungs-Richtlinie (juris: ÄBedarfsplRL) müssen entweder in der Person oder in der beruflichen Sphäre des Arztes vorliegen. Hierzu zählt nicht die vorübergehende Schließung der Praxis aus Rücksichtnahme auf den Gesundheitszustand eines nahen Angehörigen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Neufestsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina.

Die Klägerin ist eine seit dem Quartal 2/2010 bestehende Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft) zweier Psychologischer Psychotherapeutin- nen mit Vertragsarztsitz in T1. Bis zum 31.12.2012 war Frau Dipl.-Psych. T2 I im Job-Sharing-Verhältnis zugelassen, seit 01.01.2013 verfügt sie über einen eigenen hälftigen Sitz. Mit Bescheid vom 21.04.2010 wies der Zulassungsausschuss der Klägerin Gesamtpunktzahlvolumina in Höhe von 988.404,7 Punkten (1. Quartal), 1.061.605 Punkten (2. Quartal), 828.301,2 Punkten (3. Quartal) und 907.689.2 Punkten (4. Quartal) zu.

Unter dem 28.02.2011 beantragte die Klägerin eine Erhöhung der festgelegten Gesamtpunktzahlvolumina um 25 %: Für die Quartale 4/2008 bis 2/2009 sei eine Nachvergütung in Höhe von 1.874,80 EUR erfolgt, die zu berücksichtigen sei. Die Praxispartnerin D1. D2 habe in der Zeit vom 22.06.2009 bis 26.07.2009 aufgrund einer außerordentlichen familiären Belastung eine fünfwöchige Auszeit nehmen müssen. Ihre psychotherapeutische Praxis habe sie in dieser Zeit nicht betrieben, so dass das im Quartal 3/2009 erwirtschaftete Honorar deutlich niedriger ausgefallen sei, als bei normalem Praxisbetrieb zu erwarten gewesen wäre. Die statistisch ermittelte zahlenmäßige Überversorgung mit psychotherapeutischen Leistungserbringern entspreche nicht der Realität. Trotz Wartezeit von 6 bis 12 Monaten müsse die Klägerin pro Woche im Durchschnitt 5 bis 10 Anfragen bezüglich eines Therapieplatzes ablehnen.

Mit Beschluss vom 20.06.2011 (Bescheid vom 29.08.2011) lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag auf Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina ab: Nach aktuellem Stand sei der Planungsbereich Euskirchen bei einem Versorgungsgrad von 136 % für weitere Zulassungen gesperrt. Eine begründete Notwendigkeit, die Begrenzungspunktzahlen anzuheben, habe nicht erkannt werden können.

Auf einen hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beigeladene zu 5) in der mündlichen Verhandlung vor dem Beklagten darauf hin, dass die Nachzahlung nicht in das Gesamtpunktzahlvolumen eingeflossen sei und sie diesbezüglich einen Antrag an den Zulassungsausschuss stellen werde. Insoweit sahen die Beteiligten das Verfahren als erledigt an. Im Übrigen wies der Beklagte mit Beschluss vom 07.12.2011 (Bescheid vom 22.12.2011) den Widerspruch zurück: Die Vorschrift des § 23a Nr. 4 der Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsPl-RL) verdeutliche ihrem Wortlaut nach, dass ein Job-Sharing nicht dazu führen könne, dass der bisher bestehende Praxisumfang wesentlich erweitert werde. Für die Berechnung des abrechenbaren Gesamtpunktzahlvolumens sehe § 23c BedarfsPl-RL nähere Voraussetzungen möglicher Änderungen vor. Unter anderem erfasse Satz 7 außergewöhnliche Entwicklungen im Vorjahr wie z.B. Krankheit eines Arztes. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Zwar mache Frau D2 geltend, sie sei im Zeitraum vom 22.06.2009 bis 26.07.2009 nach Tansania geflogen, um ihrer Tochter, die unter einer Schwangerschaftsdepression gelitten habe, beizustehen. Bei der eng auszulegenden Ausnahmevorschrift zählten jedenfalls Umstände, die sich hier dadurch ergeben hätten, dass die Tochter von Frau D2 eine eigene Familie gegründet und sich entschlossen habe, nach Tansania zu ziehen, nicht zu der Ausnahmeregelung. Aus dem Urteil des SG Dresden vom 12.12.2008 - S 8 KA 243/05 - lasse sich für den vorliegenden Sachverhalt nichts ableiten.

Hiergegen richtet sich die am 18.01.2012 beim Sozialgericht Köln erhobene Klage. Der Rechtsstreit ist von dort mit Beschluss vom 27.02.2013 an das Sozialgericht Düsseldorf verwiesen worden.

Die Klägerin hält die Voraussetzungen des § 23c Satz 7 BedarfsPl-RL für erfüllt. Aus dem Wortlaut der Norm lasse sich nicht herleiten, dass es sich nur um außergewöhnliche Umstände handeln könne, die in der Person des Arztes selbst liegen müssten, sonst hätte der Normgeber dies formuliert. Fraglich sei insofern, welche weiteren Gründe außer der Krankheit des Arztes, die in seiner Person selbst lägen, sich der Beklagte vorstelle. Wenn aufgrund Brandes oder Hochwassers die Praxisräume für längere Zeit nicht nutzbar seien, wäre dies, der Auffassung des Beklagten folgend, keine außergewöhnliche Entwicklung, da sie nicht in der Person des Behandlers liege. Fraglich sei auch die Bewertung der Situation, dass ein Arzt eine mehrmonatige Studienreise unternehme....

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