Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Anerkennung einer Berufskrankheit bei einer Hauterkrankungen. Wesentlichkeit der Arbeitstätigkeit für die Erkrankung bei fehlendem Ursachennachweis für die Erkrankung
Orientierungssatz
Eine Erkrankung (hier: Hauterkrankung in Form einer Nesselsucht) kann jedenfalls auch dann als Berufserkrankung anerkannt werden, wenn zwar eine Ursächlichkeit der Berufsausübung für den Krankheitseintritt schon deshalb nicht festgestellt werden kann, da eine Verursachung der betreffenden Krankheit in den Fachkreisen nicht geklärt ist, die Erkrankung jedoch ausschließlich sowohl in einem zeitlichen als auch örtlichen Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit auftrat.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 25.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2013 verurteilt, beim Kläger eine Berufskrankheit nach der Anlage 1 der BKVO BK 5101 anzuerkennen und ihm Leistungen zur Teilhabe und Übergangsleistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung BK 5101.
Die BK hat folgenden Wortlaut:
"Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können."
Der am 00.00.1961 geborene Kläger war ursprünglich als Schichtführer in der Abteilung Gummikabel bei seinem Arbeitgeber der O Deutschland GmbH beschäftigt. Nach Auftreten verschiedener Hautirritationen an verschiedenen Körperbereichen wurde er in eine andere Kabelabteilung versetzt in der im Rahmen der Produktion nicht vulkanisiert wurde. Nachdem auch dort das Vulkanisationsverfahren eingesetzt wurde, wurde der Kläger in den Bereich der Waage versetzt. Dort sind die vormals bekannten Hautirritationen nicht mehr aufgetreten. Wegen betrieblicher Umstrukturierungen wurde der Kläger zum 31.12.2015 entlassen.
Mit einem Antrag vom 25. Juni 2009 beantragte der Kläger die bei ihm aufgetretene "chronische Urticaria" daraufhin zu untersuchen ob es sich um eine Berufskrankheit im Sinne der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung handelt. Der Technische Dienst hat daraufhin das Arbeitsumfeld des Klägers untersucht. Mit einem Bericht vom 24.09.2009 stellte der Technische Aufsichtsdienst fest, dass der Kläger seit ca. 3 Jahren unter Hautirritationen an verschiedenen Körperbereichen leide. In der arbeitsfreien Zeit sei jeweils eine Besserung eingetreten.
Daraufhin beauftragte die Beklagte K mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens. Unter dem 27.01.2010 berichtete dieser, dass der Kläger bis etwa 2007 gesund gewesen sei. Nunmehr sei eine "Urticaria" zu diagnostizieren. Die diesbezüglichen Beschwerden würden im häuslichen Bereich abklingen. Auch nach der Versetzung in den anderen Produktionsbereich, in dem nicht vulkanisiert wird, seien die Hauterscheinungen abgeklungen. Es handele sich um eine
"chronisch rezidivierende Urticaria mit Angioödemen"
Der berufliche Zusammenhang sei wahrscheinlich. Die Hauterkrankung sei schwer im Sinne der BK 5101 und auch wiederholt rückfällig im Sinne der BK. Die Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK seien jedoch noch nicht erfüllt. Die für die BK notwendigen Einwirkungen müssten noch belegt werden. Die Gefahr der Entstehung einer BK sei aber jedenfalls gegeben.
Unter dem 25.02.2010 berichtete der Technische Aufsichtsdienst, dass jetzt auch in der neuen Abteilung des Klägers das Vulkanisationsverfahren angewendet werde. Seit dem seien auch dort beim Kläger Hauterscheinungen aufgetreten.
Mit Bescheid vom 17.09.2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 5101 zunächst ab. Wegen eines Fehlers im Verwaltungsverfahren hob die Beklagte diesen Bescheid mit Bescheid vom 09.12.2010 wieder auf und ermittelte weiter in der Sache. Aus einem Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers vom 16.03.2011 ergibt sich, dass erste allergische Reaktionen in den Jahren 2007/2008 vermerkt sind.
Im September 2010 untersuchte der TÜV Rheinland die Arbeitsplätze der O Deutschland GmbH auf Expositionen von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz. Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid waren nicht nachweisbar. Die Staubgrenzwerte waren deutlich unterschritten.
Am 04.07.2011 besichtigte der Technische Dienst der Beklagten die Arbeitsplätze des Klägers. Unter dem 12. März 2012 berichtete der Technische Dienst, dass die Grenzwerte der ermittelten Gefahrstoffe allesamt eingehalten würden. Es hätten sich jedoch keine Ergebnisse dazu feststellen lassen, ob durch Stoffe Hautreaktionen oder Hautsensibilisierungen verursacht werden können. Unter dem 30. März 2012 nahm der Technische Dienst sodann zur BK 5101 Stellung. Seitdem der Kläger im September 2011...