Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung einer Hauterkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der BKV

 

Orientierungssatz

1. Bei der Anerkennung einer berufsbedingten Erkrankung als Berufskrankheit nach § 9 SGB 7 ist der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und Einwirkung sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung nachzuweisen.

2. Zur Anerkennung einer Hauterkrankung als schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung i. S. von Nr. 5101 BKV muss feststehen, ob und welchen zur Verursachung oder Verschlimmerung einer Hauterkrankung geeigneten Einwirkungen der Versicherte über welche Zeiträume ausgesetzt war. Die vollständige Erfassung aller hautschädigenden Einwirkungen ist unerlässliche Voraussetzung für die Feststellung der Berufskrankheit.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.06.2017; Aktenzeichen B 2 U 50/17 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.08.2015 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Ziffer 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können - (BK 5101) sowie die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe und Übergangsleistungen streitig.

Der am 00.00.1961 geborene Kläger war seit dem 01.09.1977 bei der Firma O Deutschland GmbH in N (O beschäftigt. Er arbeitete zunächst als Jungarbeiter und Helfer, ab 1986 war er in der Gummikabelabteilung als Maschinenführer an einer Salzbadvulkanisationsanlage ("PLCV-Anlage"), ab den 90er Jahren auch als Springer und Schichtführer eingesetzt. Nach Auftreten verschiedener Hautirritationen an unterschiedlichen Bereichen des Körpers wurde er in eine andere Abteilung versetzt, in der im Rahmen der Produktion nicht vulkanisiert wurde. Nachdem auch dort das Vulkanisationsverfahren eingesetzt wurde, wurde der Kläger ab Mitte 2011 in den Bereich des Wareneingangs versetzt. Wegen betrieblicher Umstrukturierungen wurde er zum 31.12.2015 entlassen.

Mit Schreiben vom 25.06.2009 beantragte der Kläger, die bei ihm aufgetretene "chronische Urtikaria" daraufhin zu untersuchen, ob es sich um eine BK im Sinne der BKV handelt. Dabei wies er u.a. darauf hin, dass er einen beruflichen Zusammenhang vermute, da die Krankheitsschübe meistens, aber nicht immer, aufträten, wenn er arbeite.

Die Beklagte zog Befund- und Behandlungsberichte der Ärzte des Klägers bei und veranlasste eine Untersuchung des Arbeitsumfeldes des Klägers durch ihren Technischen Aufsichtsdienst (TAD). Im Bericht vom 24.09.2009 führte der TAD aus, der Kläger habe angegeben, seit ca. 3 Jahren unter schubweise auftretenden Hautirritationen an verschiedenen Körperbereichen zu leiden. In der arbeitsfreien Zeit sei jeweils eine Besserung eingetreten. In der Abteilung Gummikabel sei es zu Hautkontakt zu Adern und Kabeln sowie Talkumpulver gekommen. Der Kläger habe auch Umgang mit Verdünnern, Farbe, Tinten und Reinigern gehabt, jedoch keinen Hautkontakt.

Die Beklagte holte ein dermatologisches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. K aus P ein. In seinem Gutachten vom 27.01.2010 berichtete dieser, der Kläger sei nach eigenen Angaben bis etwa 2007 gesund gewesen. Nunmehr sei eine Urtikaria zu diagnostizieren. Die diesbezüglichen Beschwerden würden im häuslichen Bereich abklingen. Auch nach einer Versetzung in einen anderen Produktionsbereich, in dem nicht vulkanisiert werde, seien die Hauterscheinungen abgeklungen. Es handele sich um eine chronisch rezidivierende Urtikaria mit Angioödemen. Einzig und alleine aufgrund der Rezidivierung der Erkrankung am Arbeitsplatz "Gummiabteilung" werde ein beruflicher Zusammenhang angenommen. Die Hauterkrankung sei schwer im Sinne der BK 5101 und auch wiederholt rückfällig im Sinne der BK. Die Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK seien jedoch noch nicht erfüllt. Die für die BK notwendigen Einwirkungen müssten noch belegt werden. Die Gefahr der Entstehung einer BK sei aber jedenfalls gegeben.

Unter dem 25.02.2010 berichtete der TAD, dass jetzt auch im neuen Tätigkeitsbereich des Klägers das Vulkanisationsverfahren angewendet werde. Seitdem seien auch dort beim Kläger Hauterscheinungen aufgetreten. Der Kläger legte detaillierte Beschwerdeprotokolle vor. Die Beklagte holte weitere Arztberichte ein und zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers vom 16.03.2011 bei, wonach erste allergische Reaktionen in den Jahren 2007/2008 vermerkt wurden.

Mit Bericht vom 07.09.2010 wertete der TÜV Rheinland eine im Januar und Juni 2010 durchgeführte Expositionsmessung von Gefahrstoffen in der Luft im Arbeitsbereich der PLCV-Anlage ...

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