Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzlich Rentenversicherung: Voraussetzung der Gewährung einer Altersrente für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto
Orientierungssatz
Ein Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Arbeitstätigkeiten während des Aufenthalts in einem Ghetto, der sich aus dem Gesetz über die Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigung in einem Ghetto (juris: ZRBG) ableitet, ist nur gegeben, wenn der Betroffene im Zeitpunkt seiner Verfolgung zum Deutschen Sprach- und Kulturkreis zählte.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente aus der deutschen Rentenversicherung unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes und lebt als Israeli in Israel. Sie wurde als Polin geboren und gehörte zum Zeitpunkt der Verfolgung nach eigenen Angaben nicht dem Deutschen Sprach- und Kulturkreis an.
Am 23.09.2002 beantragte sie die Gewährung einer Altersrente unter Hinweis auf das ZRBG. Sie gab an, in der Zeit von Anfang 1940 bis März 1943 im Ghetto Ostrowiec bei der Firma K technische Arbeiten an der Maschine verrichtet zu haben. Die Firma K habe sich außerhalb des Ghettos befunden und habe Eisenbahnwagen gebaut. Sie habe täglich von früh bis spät durch Vermittlung des Judenrates gearbeitet. Sie sei mit Zloty in nicht erinnerlicher Höhe und Lebensmitteln entlohnt worden.
Die Beklagte zog daraufhin die bei der Oberfinanzdirektion München geführten Entschädigungsakten der Klägerin bei und wertete diese aus. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin im Rahmen des Entschädigungsverfahrens einen Aufenthalt im Zwangsarbeitslager Ostrowiec und Zwangsarbeiten bei der Firma K beschrieben hat.
Mit Bescheid vom 19.11.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente aus der deutschen Rentenversicherung sei gemäß § 34 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) die Zurücklegung einer Mindestversicherungszeit (Wartezeit). Im Falle der Klägerin seien keine für die Wartezeit anrechenbaren Zeiten vorhanden. Auch unter Berücksichtigung des ZRBG ergäbe sich keine andere Entscheidung. Es sei sowohl von einem Aufenthalt in einem Zwangsarbeitslager als auch von grundsätzlich geleisteter Zwangsarbeit auszugehen, dass ZRBG finde somit keine Anwendung.
Mit ihrem Widerspruch vom 24.11.2004 trug die Klägerin vor, dass ihr Ghettoaufenthalt von April 1941 bis Oktober 1942 gedauert habe. Anschließend sei sie in das Zwangsarbeitslager verbracht worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen richtet sich die am 27.06.2005 erhobene Klage, mit der die Klägerin die Anerkennung von Beitragszeiten wiederum für die Zeit ab Januar 1940 bis März 1943 begehrt. Sie ist der Ansicht, dass die Vorschriften des ZRBG auf sie Anwendung finden müssten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist für die Klägerin niemand erschienen. Die Kammer ist von dem schriftsätzlich gestellten Antrag ausgegangen, der dahingehend lautet,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2004 zu verurteilen, Beitragszeiten vom 01.01.1940 bis 31.03.1943 sowie Ersatzzeiten anzuerkennen und der Klägerin Altersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass der angefochtene Bescheid der Sach- und Rechtslage entspreche. Ein Aufenthalt in einem Ghetto sei nicht mindestens glaubhaft gemacht. Im Übrigen liege Zwangsarbeit vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen. Die die Klägerin betreffende Akte der Beklagten sowie die über sie geführte Entschädigungsakte der Oberfinanzdirektion München lagen im Termin vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Obwohl im Termin zur mündlichen Verhandlung für die Klägerin niemand erschienen ist, konnte die Kammer verhandeln und entscheiden, da die Klägerin in der ordnungsgemäß bekanntgegebenen Terminsnachricht auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert im Sinne § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn dieser Bescheid ist nicht rechtswidrig.
Die Beklagte hat zu Recht die Gewährung einer Regelaltersrente gemäß § 35 Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI) abgelehnt.
Gemäß § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Die Klägerin hat zwar am 03.12.1989 das 65. Lebensjahr vollendet, sie hat jedoch die Wartezeit nicht erfüllt. Nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ist die Erfüllung der Wartezeit von 5 Jahren Voraussetzung für einen Anspruch auf Regelaltersrente. Auf die Wartezeit werden gemäß § 51 Abs. 1 SGB VI Kalend...